Das gute/helle Viertel

Vi nickte und verschwand geschwind.


Rita stand langsam und bemüht unauffällig auf, ging zu
einer Schublade und kramte darin.

Felicia runzelte die Stirn und trank erneut aus ihrer Tasse.

>> Was machst du da? <<

Rita zuckte mit den Schultern.

>> Kümmert euch nicht um mich. <<
meinte sie ruhig.

Felicia schmunzelte.

>> Das wollte ich dich schon immer mal fragen. <<
meinte sie an Adeline gewandt.

>> Entschuldige meine Direktheit, aber...
hast du einen Freund oder jemanden, den du liebst? <<
fragte sie.

Rita hob eine Augenbraue und schüttelte leicht den Kopf.
So eine Klatschtante.

"Ich habe einen Manchmal-Freund", erklärte Addy stolz.
"Weißt du, manchmal Freund und manchmal...Freund.
Und ihr?"

Felicia war ganz Ohr, während Rita schwiegend am Regal stand.


>> Das ist ja interessant.
Könnt ihr euch nicht einige werden, was genau ihr füreinander
fühlt? <<
fragte sie neugierig.

>> Ich?
Ich hatte einige Beziehungen.
Aber es war nie etwas Ernstes dabei. <<
gestand Felicia schulterzuckend, als die Frage zu ihr drang.

Addy zuckte die Schultern.

"Eigentlich ist es bei uns ganz einfach. Wir sind Freunde,
und manchmal ist uns langweilig."

Felicia war beeindruckt.

>> Wow, das ist wirklich eine, offene,
unkomplizierte Beziehung. <<
meinte sie anerkennend.

>> Sowas kann auf Dauer nicht gut gehen. <<
meinte Rita kopfschüttelnd.

Das konnte sie sich nicht vorstellen.
Irgendwann würde doch jemand mehr wollen.
Auf Dauer mehr.

"Doch, tut's", versicherte Addy ihr.

"Wir haben die Situation schon lange genug.
Das geht ganz gut."

Rita musterte sie.

Ich verstehe diese Moral einfach nicht...

Felicia seufzte.

>> Ich wünschte, alle Menschen würden so denken wir ihr Zwei.
Dann wären Beziehungen viel einfacher. <<

Addy zuckte die Schultern.

"Ist nicht meine Schuld, dass Leute es gerne kompliziert machen",
fasste sie zusammen.

Rita hatte währenddessen den Taschenrechner auseinander genommen.


Felicia seufzte und legte sich quer über den Sitz.

>> Planst du das auch in der Zukunft?

Eine offene Beziehung? <<

Sie sah Addy an und schwieg kurz.

>> Und was ist mit einer Familie?
Würdest du gerne eine haben? <<


Rita baute den Taschenrechner im Stehen wieder um.
Warum kam Felicia jetzt auf solche Fragen?

Noch einige kleine Spulen und Schrauben.
Dann würde sie einfach unaufällig in ihr Zimmer verschwinden.

Addy zuckte die Schultern.

"Mal sehen, was kommt!"

Sie musterte Rita.

"Hey, Rita, warum bist du noch hier? Die drei Minuten sind um!"
Sie grinste breit.
"Kannst du dich nicht von mir trennen? Das ist ja süß von dir!"

Rita hielt den Taschenrechner entsetzt an ihre Brust.

>> Nein, ich...
das stimmt doch garnicht! <<
mockte sie und stopfte den wieder zusammengebauten
Taschenrechner in die Schublade.

>> Gute Nacht. <<
meinte sie und verließ fluchtartig das Wohnzimmer.

Felicia sah ihr amüsiert nach.
>> Gute Nacht, Rita.
Pack schon einmal die Gästedecke aus. <<
trällerte sie Rita hinterher.

>> Du kannst mich mal! <<
kam es von der Treppe zurück.

Addy blickte ihr breit grinsend hinterher.
Es machte einfach Spaß, sich mit ihr zu unterhalten!

>> Das Lustige ist, dass du Rita wirklich auf die Nerven zu
gehen scheinst. <<
meinte Felicia amüsiert.

>> Rita ist sowieso schon agressiv, aber bei dir ...
da benimmt sie sich wie ein bockiges Kind gepaart mit einem
agressiven Chihuahua.
Löst du solche Reaktionen öfters aus? <<

"Ja, immer", antwortete Addy überrascht, "wieso, ihr alle etwa nicht?"

Es machte wirklich Spaß, Zeit mit diesen Mädchen zu verbringen!

Felicia schüttelte den Kopf.

>> Nein.. normalerweise reagieren Menschen eher...
normal.

Also nicht irritiert oder agressiv. Oder flüchtend.

Aber du scheinst einfach sowas an dir zu haben, das Menschen
irritiert. <<

Und das fand Felicia schon ziemlich amüsant.
Gerade, wenn Addy damit bisher unbekannte Reaktionen
bei den anderen Bellavia auslöste.

"Ich habe auch hart daran gearbeitet", erklärte Addy.
"Alles eine Frage des Trainings!"

Sie grinste breit.

Felicia lächelte.

Diese Frau war verdammt schlau.

Sie besaß eine Strategie, mit der sie ihren Gegenüber dazu
brachte, sie zu unterschätzen. Und das immer wieder, obwohl
sie ihm genau das Gegenteil bewies.

Und was blieb, war Ehrfurcht und Respekt in den Tiefen der Köpfe.

Felicia trank wieder aus ihrem Becher.

>> Machst du das auch mit deinen Freunden? <<
fragte sie neugierig.

Addy blickte sie überrascht an.

"Auch mit...
Meine liebe - ich mache das nur mit meinen Freunden!"

Ihre Feinde bekamen eine ganz andere Behandlung.

Nun sah Felicia sie überrascht an.

>> Behandelst du Fremde anders als Freunde?

Oder ist dein neckendes Verhalten einfach deine Art? <<

Addy schüttelte den Kopf.

"Nein, Fremde sind so lange Freunde, wie sie mir nicht
das Gegenteil beweisen", erklärte sie.

Felicia musterte sie schweigend.

>> Eine tolerante Einstellung. <<
meinte sie anerkennend.

>> Das solltest du Rita mal beibringen. <<

Bei ihr waren Fremde Feinde, so lange sie ihr nicht das Gegenteil bewiesen.

Ihr Misstrauen hatte sich andererseits leider auch schon oft bestätigt.

Eine Uhr machte ein leises "Glonk"-Geräusch.
Felicia sah auf.

>> Oje, ist es schon so spät?
Hach ja... <<

Sie trank den Becher leer.
Die rote Flüssigkeit verschwand endgültig in ihrem Rachen.

Auch Addy blickte auf die Uhr.

"Wir könnten die Nacht durchmachen",
schlug sie vor.

Felicia grinste.

>> Gute Idee.
Was wollen wir machen? <<

"Reden, trinken, Spaß haben", schlug Adeline vor.
"Vielleicht Filme gucken! Filmenacht!"

Felicia saß sofort gerade.

>> Oh ja!

Ich habe einiges anzubieten. <<
meinte sie erfreut und legte ihren Weinbecher weg.

>> Was für Filme magst du lieber?
Ich habe von allem etwas. <<
meinte sie mit einem schelmischen Grinsen.

"Ich mag fast alle Filme", meinte Addy.
"Was sind deine Lieblingsfilme?"

Endlich mal jemand, der eine gute Filmenacht zu schätzen wusste!

>> Hast du etwas gegen Filme mit viel Aktion und
Explosionen und Kämpfen? <<
fragte Felicia aufgeregt und saß gerade auf ihrem Sessel.

Fröhlich schüttelte Adeline den Kopf.
"Nein, gar nicht! So was ist lustig!"

>> Sehr gut! <<

Felicia sprang auf und kramte in einer Schublade.

Dann legte sie eine DVD rein und warf sich neben Adeline auf das
Sofa.

>> Willst du etwas zu Essen? <<

"Knabberkram?", wollte Adeline wissen.

Ein Filmeabend (oder auch eine Filmenacht) mit Felicia würde
bestimmt interessant werden.