Lodrener-Wald

Karel grinste.

"Und wir wollen doch nicht, dass du abkratzt, nicht wahr?"

Karel schob die Waffe zur Seite und trat näher.

Sakura krampfte sich innerlich zusammen, als er ihre Waffe wegschob.

Sie hasste das Gefühl von Verletzlichkeit.

Ich will definitiv schonmal nicht, dass ich abkratze.
stimmte sie ihm jedoch mental zu.

Was sie wieder dazu brachte, ihm nicht mit der Waffe in die ihrer Hand nahe gelegensten
Gegend zu feuern.
Nicht schön für sein Wertgefühl als Mann.

Aber sie unterdrückte den Drang und sah ihm mit einem leichten Lächeln ins Gesicht.

Er stockte jedoch plötzlich und blickte sie forschend an.

"Wo genau bist du verletzt?"

Sakura sah ihn überrascht an.

>> Ehm, am rechten Bein. <<
gab sie zur Antwort.

Sein plötzliches Zögern irritierte sie.

Es passte nicht zu dem Bild, das sie von ihm hatte.

"Na, das hätte eine Weile gedauert, bis ich da angekommen wäre",
stellte Karel fest und grinste anzüglich.

Er kniete sich neben sie und legte eine Hand auf ihr Bein.

Die Kompatibilität war gut, stellte er fest - nun musste er nur
noch aufpassen, dass er nicht zu viel Energie benutzte.

Langsam begann eine kleine Menge der Energie, die seine
Rüstung gebildet und die Kreatur zerstört hatte, in ihr
Bein zu strömen.

Sakuras Mund öffnete und schloss sich wieder bei Karels Kommentar.

Was war das jetzt gewesen?

Als sie dieses seltsame Gefühl in ihrem Bein spürte,
sog sie scharf Luft ein.

Machte er gerade dasselbe mit ihr wie mit dem Monster?
Diese... Kraftübertragung?

Wehe, ich explodiere gleich oder implodiere.

Sie hielt ganz still und wartete, was passierte.

Ein warmes Gefühl breitete sich von der Stelle aus in ihrem
ganzen Körper aus.

sie konnte spüren, wie sich die Wunde langsam schloss.

Ihr Körper fühlte sich an, als wäre er voller Energie.

Sakura atmete hörbar erleichtert auf.

Das fühlte sich unglaublich gut an.

Ein Lächeln rutschte ihr sogar auf die Lippen.

Als er fertig war, senkte Karel seine Hand wieder und blickte auf.

Es war immer interessant, was ein kleiner Teil seiner Energie bei
anderen für eine Wirkung haben konnte.
Und wenn er mehr hinzugab, starben sie.

Er grinste, während er wieder aufstand. Das amüsierte ihn
immer wieder.

"Verletz dich nicht so bald wieder", empfahl er Sakura.
"Heilungen nerven immer."

Die Tatsache, dass er noch immer so nahe an Sakura stand,
dass er er sie beinahe berühren konnte, ohne den Arm auszustrecken,
störte ihn nicht im Geringsten.

Sakura legte den Kopf schief und sah amüsiert zur Seite.

>> Ich habe sicherlich nicht vor, mich bald wieder zu verletzen.

Das kannst du mir glauben. <<

Äußerlich schien ihr seine Nähe nicht viel auszumachen.

Sie sah wieder zu ihm auf.

>> Danke dafür, dass du mich geheilt hast, obwohl es so
nervig für dich gewesen ist. <<

Karel zuckte mit den Schultern.

"Meine gute Tat für diese Woche ist vollbracht",
sagte er lediglich trocken und wandte sich um,
um zu gehen.

Sakura biss sich auf die Unterlippe und sah sich kurz um.

Dann entschied sie sich.

Er durfte nicht so schnell verschwinden.
Hektisch streckte sie die Hand nach ihm aus, zog sie jedoch sofort
wieder zurück.

>> Warte!
Kannst du mir sagen, wo wir hier sind? <<

Mit gehobenen Augenbrauen drehte sich Karel wieder um.
Wieder breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus.

"Du läufst wohl schon seit einer Weile weg, was?",
fragte er.

"Das hier ist der Lodrener-Wald."

Sakura runzelte unbehaglich die Stirn.

Ja, es gefiel ihr nicht, eine Weile geflohen zu sein.

Ihre Brust schien sich innerlich zusammenzuschnüren,
als sie den Namen hörte.

Sie hatte keinen blassen Schimmer.

Denk nach! Denk nach!
schrie sie sich innerlich an.

Tausende Karten und Namen schossen durch ihren Kopf.

Diesen Namen hatte sie schon einmal gehört, aber es wollte
einfach nicht zusammenpassen.

Geschlagen seufzte sie und sah zögerlich zu Karel.

>> Hast du noch etwas Platz in deinem Nettigkeits-Barometer?
Ich habe keine Ahnung, wo der Lodrener-Wald liegt. <<

Sie schwieg kurz.

>> Ich kann dir etwas im Gegenzug geben.
Aber darüber werden wir noch verhandeln, wenn du dich bereiterklärst,
mir noch einmal zu helfen. <<

Karel schnaubte amüsiert.
Schon allein wegen des 'Nettigkeits-Barometers'
würde er ihr helfen. Was auch immer die Belohnung war
(und er konnte sich da einiges vorstellen), wäre da ein
willkommener Zusatz.

"Einer Dame in Nöten mit einem Sinn für's Geschäftliche
helfe ich selbstverständlich", grinste er.

"Was wärst du denn bereit, mir zu geben?"

Sakura sah ihn lächelnd an und dachte nach.

So ließen sich Geschäfte gleich besser machen.

Sie war erleichter, dass in diesem Mann mit der bestialischen Seite
auch eine gute Gegenseite steckte.

Er rettete ihr wahrscheinlich das zweite Mal das Leben.

So etwas vergaß eine Mondnymphe nicht. Niemals.

Ihre dunkelblauen, undurchdinglichen Augen fixierten ihn.

>> Was ist es, das einem Mann wie dir noch fehlen könnte?

Macht?

Reichtum?


Aber bedenke, dass ich nicht allmächtig bin.

Ich kann dir die Gunst der Nacht geben.
Dich noch mächtiger in deiner Umgebung machen.

Mein Einfluss in manchen Kreisen ist groß. Wenn du Wertsachen willst,
kann ich meine Beziehungen spielen lassen.

Ich kann deine Gesundheit lange in diesem perfekten Zustand halten,
wenn sie dir Sorgen bereitet.


Also sage mir: Was ist es, das du begehrst? <<

Karel prustete los, noch bevor sie ihre kurze Rede beendet hatte.

"Sag mal, Mädchen", konnte er zwischendurch hervorpressen,
"bist du bei einem Staubsaugervertreter in die Lehre gegangen?"

Plötzlich stoppte sein Lachen wieder und er blickte sie mit einem
ebenso undurchdringlichen Blick an.

"Du meinst das doch hoffentlich nicht ernst, oder?"

Sakura sah ihn verwirrt an.

Was waren Staubsaugervertreter?

Sie war schlau, zu vermuten, dass er ihre ernste Sprechweise meinte.

Sie lehnte sich gegen einen Baum und verschränkte die Arme.

Und seufzte.

>> Dann eben anders.
Was willst du?

Ich kann dir schlecht etwas im Gegenzug anbieten, das dich zufriedenstellt, wenn ich
dich nicht kenne. <<
brachte sie es auf den Punkt.

Heimlicherweise musste sie zugeben, dass sie erleichter darüber war, dass
er garnichts mit dieser Mentalität anfangen konnte.

Sie hatte ebenfalls eine solche Einstellung gehabt.

Karel hatte wieder zurück zu seinem üblichen Grinsen gefunden
und zuckte nun mit den Schultern.

"Ich will gar nichts", erklärte er ihr dann, als wäre das ganz
natürlich. "Du wolltest mir unbedingt etwas geben."

Sakuras Kopf sank hinab.

Das war ein Schlag.

Dieser Mann machte sie schon in der ersten richtigen Unterhaltung fertig, nachdem er andere fertiggemacht hatte, die sie fertiggemacht hatten.


Das war ... ein großes Opfer.

>> Na gut.

Wenn dir noch etwas einfällt, sag mir Bescheid.

Ich versuche, mir etwas zu überlegen. <<


Sie schob sich wieder von dem Baum weg.

>> Deine Rüstung braucht nicht zufällig eine tolle Politur? <<

Karel schlug ihr freundschaftlich gegen die Schulter.

"Jetzt mach dich nicht verrückt - du musst gar nichts
machen. Und jetzt komm."

Sie dachte wirklich kompliziert, stellte er fest.

Sakura sah ihm überrascht und perplex nach.

Wer war dieser Mann?


Sie folgte ihm.

Freundliche Worte von jemandem, der gerade noch mit ektstatischer Freude
zwei Wesen umgebracht hatte.