Andegon - Schule großer Kampftalente

Catalina richtete sich wieder auf.

Anken sah die beiden schweigend an.

>> Du zierst dich, Catalina. <<
meinte er schließlich.

Catalina schwieg.

>> Du konntest Dariah nur dann richtig angreifen, als du die Kapuze
aufgesetzt hast. Das hat Gründe, ich weiß.
Aber es gibt Personen, die genauso stark sind wie Dariah und keine
Gnade walten lassen werden, sobald sie dich demaskiert haben. <<

>> Dariah, kannst du ihr dein Zimmer zeigen? Ihr werdet euch vorerst ein Zimmer teilen,
da dort zwei Betten sind. <<

Anken musterte die beiden wieder.

Catalina schwieg immernoch, hob dann aber ihren Umhang wieder auf und band sich
ihn um.
Den Rapier reichte sie Dariah.

Dariah nahm das Rapier wieder an sich.

"Ja, Meister", nickte sie.

>> Wir sprechen uns später. <<

Mit diesen Worten ging Anken.

Er wollte sich nun Nicolas und Idhrenion vorknöpfen.


Catalina sah ihm schweigend nach. Dann seufzte sie leise für sich.

"Du hast gut gekämpft", bemerkte Dariah.
"Warum seufzt du?"

Sie steckte Dolch und Rapier wieder weg. Jetzt würde
sie am liebsten in einen schön kühlen See springen!

Catalina lächelte.

>> Danke. Aber daran liegt es nicht.
Er hat es genau auf mein größtes Problem abgesehen.
Aber er hat Recht.
Es fällt mir nur schwer, das gänzlich einzusehen.

Gehen wir? Ich fühle mich, als hätte ich mich bei brühender Hitze im Schlamm gesuhlt. <<
meinte sie amüsiert und richtete sich ihre Kleidung zurecht.

Dariah lachte.

"Ja, komm mit.
Aber was war denn das mit deiner Kapuze?"

Das wollte sie wirklich wissen. War etwas
Besonderes daran?

Catalina blickte nach vorne.

>> Ich habe Probleme damit, richtig zu kämpfen, wenn mein Gegenüber
sieht, wer ich bin.

Nur in Verhüllung fühle ich mich so sicher, dass ich die kämpferische Seite
in mir rauslassen kann.

Aber das ist schon wegen den Zuständen in meiner Heimat so. <<
erklärte sie, wobei es ihr anscheinend schwer fiel, das Problem ans Licht zu legen.

Dariah runzelte die Stirn.

"Wie sind denn diese...Zustände in deiner Heimat,
dass du nur mit Kapuze kämpfen kannst?"

>> Könnte ich dir das auf dem Zimmer erklären? <<
fragte Catalina sie.

Es war ihr etwas unangenehm, darüber außerhalb
lauschsicherer Gemäuer zu reden.

Sie wusste zwar, dass ihr hier keine Gefahr oder Verrat drohte, doch
es gab immer dieses Misstrauen in ihr.

"In Ordnung..."

Dariah war ein wenig ungehalten darüber, so
auf später vertröstet zu werden, doch Catalina
schien es wirklich unangenehm zu sein.

Sie zeigte ihr den Weg zu ihrem Zimmer.

"Da sind wir."

Ihre Tasche war auch schon hingestellt worden.

Natürlich war es ein dem Adel entsprechendes Utensil mit viel
Platz und Luxus in und an sich.

Catalina hob die Tasche auf und sah sich in dem Zimmer um.

>> Es ist wirklich geräumig.
Und die Aussicht... <<

Sie setzte ihre Tasche an der Wand ab und sah hinaus.

Man sah das Gebirge und weiter hinten ferne Landstriche am Horizont.

>> Wunderschön. <<
sagte sie fasziniert.

Sie kramte kurz in der Tasche und zog dann ein Flugblatt aus seltsamen Papier heraus.

Mit diesem Blatt setzte sie sich auf das noch freie Bett.
>> Setz dich doch neben mich, Dariah. <<

Dariah setzte sich wie aufgefordert neben sie.

Was das wohl für ein Flugblatt war?
War ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt oder was
sollte das?

Damit hatte sie nicht Unrecht.

Catalina gab ihr das Flugblatt. Es war sehr altmodisch.

Darauf war eine Person skizziert, die in einen schwarzen Mantel gekleidet war und eine tief in das Gesicht fallende Kapuze besaß. Darunter war eine helle Maske zu erkennen,
die über dem Mund endete und von gräulichen Linien durchzogen war.

Die Person besaß weibliche Gesichtskonturen.

Dadrüber stand in schwarzen, dicken Buchstaben: Gesucht!.

Es war ein hohes Kopfgeld auf die skizzierte Person ausgesetzt.

Tot oder Lebendig.

Es wurde auf höchste Dringlichkeit hingewiesen, die Inkarnation der Volksseuche
ausfindig zu machen und umgehend der Regierung auszuhändigen.

Sollten jegliche Informationen über die diabolische, mordende Frau hinter der Maske
geben, wären die Bewohner deutlichst gebeten, diese den Soldaten oder anderen
Sicherheitskräften mitzuteilen.

"Du wirst in deiner Heimat also gesucht",
stellte Dariah fest.
"Aber das beeinflusst dich hier doch nicht.
Wir wissen doch alle, wer du bist. Du kannst
auch ohne Kapuze kämpfen."

Catalina musterte das Flugblatt.

>> Es ist schwer für mich, da ich seit Jahren nur maskiert kämpfe.

Das Demaskieren gleicht meinem Todesurteil in meiner Heimat.

Ich bin in einer pikanten Situation, da ich aus eben jener Familie stamme,
die ich unter anderem Stürzen will. <<
erklärte sie knapp.

>> Aber ich werde es versuchen. Zumindest hier. <<

Dariah lächelte.

"Ich verspreche auch, dass dich niemand hinrichten wird.
Woher kommst du eigentlich?"

>> Ich stamme aus dem Land Erritos.
Es wird dir wahrscheinlich wenig bekannt sein.
Ein am Meer gelegenes Königreich in einer der großen Buchten.

In der Phase der Industrialisierung. <<
fügte sie dann nach einer kurzen Überlegung hinzu.

Sie wusste nicht, woher Dariah stammte, sodass sie auch miteinbeziehen musste,
dass die Länder sich in ihren Entwicklungen völlig unterschieden.

>> Und woher kommst du? <<

Erritos - von diesem Land hatte Dariah noch nicht oft gehört.

"Ich komme aus einem kleinen Dorf in Sulesien", antwortete
sie schließlich auf die Frage.
"Was ist Erritos denn so für ein Land?"

Catalina überlegte kurz und wanderte wieder zurück.

>> Sehr vielfältig und wie fast jeder liebe ich meine Heimat.

Es gibt viele Wiesen, viel Landwirtschaft.
Und die Wälder erstrecken sich dast über den gesamten hinteren Teil des Landes.

Und dann ist da natürlich das Meer. <<

Ein Lächeln glitt über ihre Lippen und sie sah für einen Moment nicht so
nach einer verkorksten Adligen aus.

>> Nun ja. Dann sind da natürlich die zwei politisch mächtigsten Familienbande, die um
den Thron kämpfen. Seit Jahrhunderten.
Offen und im Untergrund.
Die Bauern, das einfache Volk. Die weniger werdenden Gelehrten der normalen
Bürgerschicht und natürlich die machtgierigen Adligen. <<
erzählte sie.

"Das wirkt...gefährlich", fasste Dariah zusammen.

"Aber auch schön. Ich war schon zu lange nicht mehr z...
in Sulesien, ich könnte dir jetzt gar nicht mehr sagen,
wie es dort aussieht. Es soll sich sehr verändert haben."

Catalina runzelte bei dem Stotterer die Stirn, dann hatte sie ihre
Mimik wieder im Griff.

>> Wie lange ist es her, dass du in deiner Heimat warst? <<
fragte sie interessiert.

>> Was hast du in der Zwischenzeit getan? Warst du die gesamte
Zeit hier? <<

Dariah blickte in die Ferne.

"Inzwischen sollten es fast acht Jahre sein",
seufzte sie.

"Und ja, ich war hier. Die ganze Zeit."

Catalina sah sie überrascht an.

>> Acht Jahre! Das ist ja so gut wie dein halbes Leben.
Du musst unglaublich jung gewesen sein, als du die Handlungen
an den Tag gelegt hast, die dich hierher geführt haben.<<
sagte sie beeindruckt.

Dagegen waren ihre rebellischen Tätigkeiten nichts.

Dariah lächelte ein wenig gequält.

"Reden wir nicht darüber.
Was war es denn bei dir - irgendeine besondere Handlung?
Oder einfach die Gesamtheit, steter Tropfen höhlt den Stein?"

Catalina überlegte. Es verwunderte sie, dass Dariah solche Probleme
hatte, über ihre Vergangenheit zu reden.
Hatte sie jemanden im Laufe eines Kampfes getötet und bereute
es oder hatte Alpträume davon?

>> Eher das Zweite. <<
beantwortete Catalina die Antwort und sah dann wieder
auf ihr skizziertes Ebenbild.

Dariah folgte ihrem Blick.

"Es sieht nicht lebensecht aus",
urteilte sie dann.

"Da hast du wohl noch mal Glück gehabt."

Catalina lachte leicht.

>> Ja, das stimmt. Ich hätte mich ihnen zum Portrait
aufstellen müssen. Dann wäre es echter. <<
scherzte sie leicht.

Für sie war so eine Unterhaltung ungewohnt. Aber es tat gut.

"Würde bestimmt auch besser aussehen",
stellte Dariah fest.

"Das hier lässt dich wirken wie ein leichtes Mädchen."

Catalina verfiel geschockt in einen Hustanfall.

>> So ... so eindrücklich wirkt dieses Bild?! <<


Bevor Catalina noch etwas sagen konnte, klopfte es an der Tür.
Kurz darauf wurde die Tür geöffnet und Moiraine blickte hinein.

>> So, meine Damen. Genug des Plauderns.
Das könnt ihr am Abend nachholen.
Nun kommt mit. <<


>> Dürfte ich noch meine Kleidung wechseln? <<
fragte Catalina.

Moiraine lächelte amüsiert.
>> Nein, darfst du nicht. <<

>> Aber... <<

>> Darin liegt der Sinn, meine Liebe.
Und nun los! <<

Dariah war bereits aufgestanden und aufbruchbereit.

Sie trug beinahe immer Kleidung, die für normale plötzlich
auftretende Situationen - wie Kämpfen - genutzt werden
konnten, so auch heute.