Das Reichenviertel der Stadt

Als Leonora raus war, umschwirrte Genika ihr ganzes Zimmer.

Sie fand es unglaublich interessant.

>> Oh, die Musikband mag ich auch! <<
meinte sie amüsiert und legte die CD wieder weg, die sie magischwerweise
plötzlich in der Hand gehabt hatte.

Im nächsten Moment war sie bei den Büchern und las sich die Einbände durch.


Derdekia beobachtete Genikas enthusiastisches Stöbern amüsiert.

Námo war von dem kleinen Wirbelwind ein wenig überrascht.

In Leonoras Zimmer unterhielt sie sich scheinbar prächtig...

...Wirbelwind...sollte er...sollte er...
Ach, das konnte ihm doch egal sein!

Sorglos wie eh und jeh wehte er einmal gründlich unter
Derdekias und Genikas Kleidung, sodass sie hochflog.

Genika schrie auf und blieb sofort stehen, um ihr Kleid runterzudrücken.

Derdekia zuckte erschrocken und tat dasselbe wie Genika.

Nur, dass sie sich tadelnd zu Námo umdrehte.

>> Námo! <<

Námo wies auf Genika.

"Sie hat angefangen. Sie hat sich wie ein
Wirbelwind verhalten."

>> A-aber... <<

Genika war rot geworden.

Derdekia stämmte ihre Hände in die Hüften.
>> Námo, du Frechdachs. Das ist keine Entschuldigung. <<

Genika durchforstete Leonoras Zimmer unterdessen schonwieder,
diesesmal mit den Augen.

Námo blickte genauso empört zurück zu Derdekia.

Doch nach einem Moment ließ er den Kopf hängen.

"Entschuldigung..."

Deshalb wollte er Derdekia nicht erklären, was
Strippoker war.

Derdekia lachte etwas.
>> Schon gut. <<

Er sah zu süß aus so.


Genika bewegte sich wieder durch das Zimmer.

Námo blickte schnell von Derdekia weg (wie hatte sie es geschafft,
ihn dazu zu bringen, sich zu entschuldigen?) und beobachtete wieder
seinen Schützling.

Diese stöberte interessiert weiter und sah sich Bilder an.

>> Wie süß.
Da ist sie ja noch ein Kind.
Pausbäckchen. <<
freute Genika sich.

Derdekia horchte auf und war sofort neben ihr.

>> Wo? <<

Auch Námo kam, um das zu sehen.

"Ja, wo?"

Auf einem Foto, das etwas versteckter an der Pinnwand hin,
konnte man ein kleines Mädchen in einem weißen Kleidchen sehen,
das mit einer Stoffpuppe in der Hand vor einer der Wiesen in
Estarya stand und der Kamera vergnügt entgegenlächelte.

Sie hatte langes schwarzes Haar und hatte etwas Babyspeck, das sich
besonders auf den runden Wangen bemerkbar machte und sie
wie einen kleinen, fröhlichen Hamster aussehen ließ.

>> Das ist Leo. Sie war so süß. <<
freute Genika sich und kam garnichtmehr von diesem Bild los.

"Richtig niedlich!", stimmte Námo ihr zu.

Im Gegensatz zu heute. Heute war sie...
Nun ja, eine Zicke.

>> Was guckt ihr euch da an? <<
kam Leonoras Stimme von hinten.


Derdekia drehte sich zu ihr um und hatte diesen typischen
Gesichtsausdruck, wenn irgendetwas ihr Herz so dermaßen
berührt hatte, dass sie fast weinen musste.
>> Du bist ja so süß!! <<

Leonora sah sie irritiert an.

>> Habt ihr etwa mein Kinderfoto gefunden? <<

Sie sah kurz auf die Pinnwand.
>> Oh, das. <<

Dass sie bis vor einigen Jahren so ähnlich, nur immer älter ausgesehen hatte,
verschwieg sie besser.

"Das du mal so ausgesehen hast", meinte Námo,
"so niedlich..."

Er hatte noch immer Probleme damit, diese zwei
Bilder zusammenzufügen.

Leonora schien das etwas unangenehm zu sein.

>> Ich war.. eben ein Kind.
Die sehen größtenteils immer süß aus. <<

Genika verglich die beiden Bilder.

Wenn sie Leonora ein weißes Kleid anziehen würde und
sie ein Lächeln aufsetzen würde...

Gut, sie müsste etwas mehr essen, um die niedlichen Pausbäckchen
zu kriegen.

Aber so sehr hatte sie sich nicht verändert.
Sie versteckte es nur unter der Kleidung, der Schminke und ihrem
Verhalten.

Námo überlegte für einen Moment und zuckte dann
mit den Schultern.

"Das stimmt wohl", stellte er fest.

>> Ich sehe, du hast das Pokerspiel dabei,
Pausbäckchen. <<
freute Derdekia sich.

Leonora sah sie erschrocken an.
>> Wer hat ihr beigebracht, andere durch
Spitznamen zu ärgern? <<

Sie sah in die Runde.

Námo schüttelte schnell den Kopf.

"Ich war's nicht!"

Jedenfalls hatte er in Derdekias Anwesenheit niemandem
einen Spitznamen gegeben...

Genika schüttelte sofort den Kopf.

>> Ich auch nicht! <<

Derdekia lächelte vor sich hin.

>> Tja, das wüsstest du wohl gerne. <<
meinte sie grinsend.

>> Aber jetzt wollen wir spielen, nicht wahr? <<

Leonora musterte sie nocheinmal genau.

>> Ja, ich schätze schon. <<

Sie schob einen Tisch in die Mitte und breitete dort das
Pokerzubehör aus.

Námo musterte noch einmal kurz Derdekia - sie zeigte
heute ganz neue Seiten!

Dann ging er zum Tisch.

Leonora schob noch ein paar Stühle ran.

Dann setzten sie sich.

>> So, Námo.
Wie geht dieses Poker? <<
fragte Derdekia, als sie alle am Tisch saßen.

Námo erklärte erst einmal die Grundzüge.

"Und den Rest kann Leonora übernehmen",
schob er dann die Verantwortung auf die
nächste Person.

Leonora sah ihn kurz an.

>> Und das Prinzip dabei ist eben, dass du andere
nicht sehen lässt an deinem Gesicht, ob du gute oder
schlechte Karten hast.

Und der mit der höchsten Punktzahl in den Karten gewinnt die Runde. <<
erklärte sie.

"Alles verstanden?", fragte Námo zur Sicherheit
noch einmal nach.

Und hoffentlich würde Derdekia nicht noch einmal
fragen, was Strippoker war...

>> Ja, und was ist dann mit Strippoker? <<
fragte Derdekia die Frage dennoch.


Die Runde schwieg kurz.

>> Das ist, wenn die Person, die am
wenigsten hat nach einer Runde oder diese haushoch
verliert, ein Kleidungsstück ablegen muss. <<
erklärte ihr Genika schließlich.

>> Oh. <<
meinte Derdekia dazu nur.

>> Und du spielst sowas? <<
fragte sie dann an Leonora gewandt.

Diese wurde rot.
>> Nein! Nicht... so heftig! <<

Derdekia lächelte schelmisch.
>> Mhh.. <<

Nun, versuchte Námo die positive Seite zu sehen,
immerhin musste nicht ich es beantworten.

Seine Flügel zuckten kurz.

Ach, was soll's...

"Wollen wir?", fragte er dann in die Runde.

Genika sah ihn erschrocken an.

>> Was? Strippoker spielen?! <<

Er zuckte mit den Schultern.

"Warum nicht? Wenn jetzt aus dem Sack ist,
worum es eigentlich geht..."

Leonora sah ihn amüsiert an.

Dass er damit kein Problem hatte, war klar.

Genika war wieder etwas rot.

>> Können wir.. velleicht etwas üben, bevor wir das andere machen? <<

"Drei Runden?", schlug Námo sofort vor.

Hey, nur, weil er ein Engel war, bedeutete das nicht, dass er
die Anwesenheit von leicht bekleideten, gut aussehenden
Mädchen nicht schätzte!