Der Marktplatz

Hier kann man Sachen ein- und verkaufen, Leute treffen, bestohlen werden...

Alles ist möglich.

Die Mädchen überlegten.

Bis Vi ohne aufzusehen, eine Lösung nannte.

Eine, die anscheinend sehr oft angewandt wurde und erfolgreich gewesen war.

>> Lasst mich diesen Kerl erledigen. <<
meinte sie schließlich.

Grace sah kurz zu ihr.

>> Stimmt, das ist wohl das Beste.
Dann können wir entspannt nach Hause gehen.
Meinst du, du hast genug Zeit, ihn richtig schön in die Irre zu führen? <<
fragte sie zweifelnd.


Vi lächelte und lehnte sich gegen die Bank.
>> Ich habe sehr lange geschlafen.
Das wird kein Problem für mich darstellen. <<

Felicia schien diese Lösung mehr als anzusprechen.
>> Ja, so machen wir das! <<

Raphael blickte von einer zur anderen, dann zuckte er mit den Schultern
und lächelte Vi zu.

"Viel Erfolg", wünschte er ihr.
"Lass dich nicht erwischen."

Wenn sich die anderen so sicher waren, dass sie es schaffen würde...
Wer war er, da zu widersprechen?

>> Ich..ähm.. gehe am besten und suche meine Freundin.
War trotzdem nett, euch kennenzulernen.

Vielleicht sieht man sich ja in nicht in einer so brenzligen Situation. <<
mischte Lany sich plötzlich ein.

Felicia sah leicht enttäuscht aus, lächelte dann aber.
>> Natürlich!
Wir sehen uns bestimmt, Lany. <<

Lany nickte ihr und den anderen zu.

Dann verschwand sie überraschend schnell in der Dunkelheit der Gassen.

Vi spannte ihre Beine an und beugte sich nach vorne.
So als würde sie nachdenken.

>> Hey Vi! Wenn er den Köder geschluckt hat, lässt du Raphael dann zugucken,
damit er sehen kann, was für eine unglaublich tolle Gabe du besitzt? <<
fragte Felicia noch schnell, bevor Vi sich abkapseln konnte.

Vi sah zu Raphael.
>> Wenn du willst. <<
meinte sie dann zu ihm.

>> Mach dich aber bereit, dass du etwas laufen musst,
wenn du ganz zugucken willst. <<

"Öhm...okay", meinte Raphael lediglich.

War Vis Fähigkeit so sehenswert?
Es klang ja eindeutig so.

Jetzt war er interessiert.

>> Lass meine Hand nicht los, sonst sieht er dich. <<
schärfte sie ihm ein, bevor sie seine Hand nahm.

>> Natürlich. Raph an die Hand zu nehmen, ist doch teil deines
freudigen Verführungsplans. <<
neckte Felicia Vi und erntete dafür einen bösen Blick von Vi.

Dann sah Vi den Mann so direkt an, dass jeder Normaldenkende sich
der aufgeflogenen Deckung des Mannes sicher gewesen wäre.

Mit einem Mal verschwanden Felicia und Grace neben Raphael und es wurde still.

Nurnoch der Wind und die normalen nächtlichen Geräusche waren zu hören.

Vor seinem Augenfeld eilten Felicia, Grace und perfekte Kopien von Vi und ihm selbst
in eine der dunklen Gassen.

Doch Vi saß immernoch neben ihm und starrte den Mann konzentriert an.

Er jedoch schien sie nichtmehr zu sehen und hatte nurnoch Augen für die Bellaviagruppe, die
anscheinend eine eilige Flucht versuchte.

Fasziniert sah sich Raphael um.
War das eine Art Illusion?

Was auch immer es war...es war wirklich sehenswert,
das war schon richtig!

Als der Mann sich in Bewegung setzte, bedeutete Vi Raphael, es ihm gleich zu tun.


Er folgte den Bellavia wie erwartet in die dunkle Gasse, doch war er dabei wie der Schatten selbst.

Vi hatte viel Mühe dabei, ihn immer im Auge zu behalten und sich zu konzentrieren.

Langsam folgte sie ihm.

Die Gruppe war indes im Gängegewirr verschwunden.

Raphael blickte zwischen Vi und dem Mann hin und her.

Sie braucht also dauerhaften Blickkontakt, stellte er fest,
und die Illusion, wenn es denn so etwas ist, ist vermutlich
nur sichtbar für das Opfer, für sie selbst und für Leute, die sie
berührt.

Raphael hoffte, niemals von dieser Fähigkeit getroffen zu werden.

Was wohl seine Fähigkeit war?
Bestimmt nicht so etwas Nützliches...nahm er an.
Das hätte er doch bestimmt inzwischen irgendwie gemerkt, oder?

Vi und Raphael folgten dem Mann und sahen sich selbst mit Grace und Felicia in ihrem Haus verschwinden.

Der Mann versteckte sich hinter einigen Büschen und schien die Situation zu analysieren.

Vi wartete fünf Minuten.

Dann kam die Gruppe wieder raus.

Dieses Mal in Begleitung von Rita und Amilia.

Sie sahen sich nach dem Mann um.

Rita befahl wieder etwas auf ihre ruppige, gehetzte Art und die Gruppe folgte ihr.

Felicia schien Rita wieder geneckt zu haben, denn Rita wirkte sehr angespannt.


Der Mann setzte sich, unbewusst in Vis und Raphaels Begleitung, auf die Fersen der Gruppe.

Sie eilten zum Bahnhof und stiegen in den nächstbesten Zug.

Der Mann verpasste diesen knapp und fluchte vor sich hin.

Vi wartete weitere fünf Minuten und der nächste Zug kam.

Der Mann vergewisserte sich, dass er dieselbe Strecke nahm und stieg ein.

Dann fuhr er weg.

Vi ließ Raphaels Hand los und atmete einmal tief ein und aus.

Raphael starrte sie mit einer Mischung aus Schock, Faszination und
etwas, was durchaus zeigte, dass er Spaß an dieser Unternehmung
gehabt hatte, an.

"Das war...genial", stellte er beinahe sprachlos fest.

Vi lächelte.

>> Danke.
Vielleicht hätte ich dir vorher erklären sollen, dass ich mit Illusionen und
Träumen arbeite.

Wir sollten Felicia und Grace auf jeden Fall abholen.
Sie sitzen immernoch auf der Bank. <<

"Das ist eine gute Idee", stimmte Raphael ihr zu.

"Deine Fähigkeit ist wirklich...faszinierend.
Aber ist so etwas nicht anstrengend?"

Sie kamen nach kurzer Zeit bei Felicia und Grace an.

Die beiden saßen geduldig auf der Bank, auf der Raphael und
Vi sie zurückgelassen hatten und sahen ihnen gespannt entgegen.

>> Hat es geklappt? <<
wollte Felicia sogleich wissen, als die beiden in ihre Nähe kamen.

Vi nickte, mit deutlicher Erleichterung in ihrem kurzen Lächeln.

Felicia war die Freude da schon deutlicher anzusehen.
Wie durch neue Lebensgeister entfacht, sprang sie von der Bank auf ihre
Beine, sodass ihre blonden Haare nur so auf ihren Schultern wippten und
strahlte die beiden an.

Grace saß noch kurz nachdenklich auf der Bank.

>> Dann lasst uns aufbrechen und auf Raphaels ersten verscheuchten Feind anstoßen! << schlug Felicia vor, so gut wie keine Gegenwehr zulassend.

Vi hatte ihre ruhige Miene, doch in ihren Augen war das erfreute Glitzern da.
Zu Alkohol sagte sie nicht Nein.

Grace stand schmunzelnd auf.
>> Dass ihr mir nicht noch in irgendeinem Busch an unserem Haus landet. <<

Felicia schnaubte.
>> Du kennst uns gut genug.
Es war nur einmal! Die Ausnahme bestätigt die Regel, nicht? <<

Dann schritt sie auch schon voran.

Grinsend folgte Raphael ihr.
Normalerweise trank er ebenfalls nicht so viel wie heute,
doch die Mädchen machten es zu einem derartigem
Erlebnis, dass nur die besten Abende mit seinen Freunden
mit ihnen mithalten konnten.

Und einen solchen Abend beendete man nicht frühzeitig.