Das Industrieviertel

"Leute, die ich freischwebend auf Balken treffe, scheinen einen
schlechten Einfluss auf mich zu haben", stellte er fest.

"Ich glaube, ich muss mich von ihnen fernhalten, meinst du nicht
auch?"

>> Ja, vielleicht.

Vielleicht solltest du als Mensch nicht wie ein Vogel auf dem Balken
hocken.

Oder wie ein Wasserkaninchen vom Bott zu Boot hüpfen.

Diese Personen scheinen dich wirklich mit ihrer bloßen Existenz zu beeinflussen.

Aber bei manchen wäre es wirklich schade, wenn du mit ihnen brichst. <<
meinte sie mit einem charmanten Lächeln.

Rafiq grinste zurück, während sich seine Hand wieder zu seinem Nacken
bewegte. Schnell ließ er den Arm wieder hinunterhängen.

"Ich werde drüber nachdenken."

Lany verfolgte die Bewegung seiner Hand und war
fast schon enttäuscht als er sie runtersinken ließ.


Sie strich sich durch das Haar.

>> Ich meine, manche Leute könnten dich ja mögen und
es gut meinen mit dir. <<
meinte sie vorsichtig.

Rafiq zuckte die Schultern.

"Ich mag auch manche Leute", meinte er unbeteiligt.

>> Ja, Leute, die sich mögen, die können ganz viele
spaßige Unternehmungen machen!

Wie Kanu fahren. Oder nette Filme sehen.
Oder Eis essen. Oder Quatsch machen. <<
erzählte Lany lächelnd, bemühte aber, ihre Stimme wie in einer
Dokumentation über Tiere klingen zu lassen.

"Oder zusammen durch die Gegend rennen. Oder sich unter den
Docks verstecken und Schiffsbesitzern Streiche spielen", führte
Rafiq die Reihe fort.

Lany kicherte.

>> Das klingt nach großartigen Plänen! <<
meinte sie begeistert.

Sie liebte es, rumzualbern.

Der Alltag an sich war schon ernst genug.
Warum sollte sie sich dann auch noch so benehmen?

Deshalb mochte sie Rafiq umso mehr.

Er schien auf einer Wellenlänge mit ihr zu sein.

Nach einer kurzen Weile drehte sie sich wieder zu ihm.

>> Ich spiele gerne mal Streiche in der Schule. <<
gestand sie mit einem schelmischen Grinsen.

Rafiq erwiderte das Grinsen.

"Streichwettkampf?", fragte er einfach.

Lanys Gesicht hellte sich auf.

>> Ja! <<
meinte sie super euphorisch.

"Was schlägst du vor, wir machen wir es?"

Rafiq freute sich sichtlich.
Er hatte noch nie einen Streichewettkampf machen können!

Lany dachte nach und stützte ihren Kopf auf eine Hand.

>> Hm, wir könnten ja versuchen, uns gegenseitig und anderen Streiche
zu spielen.

Und dann ehrlich entscheiden, welche besser waren. <<

"Fangen wir sofort an?"

Rafiq war wirklich enthusiastisch.

Lany zuckte mit den Schultern.


>> Klar, das können wir machen. <<

Rafiq spürte das Bedürfnis, sofort etwas zu tun, was Lany überraschen
würde - und zeigen würde, dass er die besseren Streiche spielte.

Doch ihm fiel partout nichts ein.

Auch Lany dachte darüber nach.

Ihn erschrecken konnte sie nicht.

Sie hatte keine Mittel außer sich selbst.
Und sie wirkte - zum Glück - nicht als Schreckmittel.


Sie sah sich schnell und unauffällig um.

>> Mir fällt nichts ein. <<
meinte sie seufzend.

Rafiq zuckte mit den Schultern.

"Dir vielleicht nicht...", meinte er.

Doch er selbst hatte das gleiche Problem.

Lany lächelte.

>> Vielleicht fällt uns ja etwas ein, wenn wir etwas spielen? <<
meinte sie in einem plötzlichen Einfall und grinste freudig.

Dieser Blick machte Rafiq sehr, sehr wachsam.

"Was würdest du denn vorschlagen?", fragte er vorsichtig.

>> Es ist dunkel. Es gibt viel Schutt und viele Ecken.

Das schreit doch geradezu nach einer Versteckspielrunde. <<
erklärte Lany grinsend.

Verstecken...es klang zwar lustig, aber....

"Wo ist der Haken?"

Lany sah geschlagen nieder.

>> Den kann ich mir auch nicht ausdenken.
Es kommt irgendwie nichts.

Hach, heute bin ich wirklich zu nichts zu gebrauchen. <<

Rafiq grinste schief.

"Damit bist du nicht alleine.
Okay, spielen wir Verstecken."