Das gute/helle Viertel

Die Drei schwiegen und sahen Adeline an.

Dann lachte Felicia.

>> Wo du Recht hast! <<

Rita hob seufzend die Hände.

>> Das war's?
Na gut... <<

Das war die Gelegenheit.

>> Ich sehe, dass du bei Felicia und Videline in guten Händen bist.
Deswegen gehe ich jetzt schlafen. <<
meinte Rita mit einem sich zustimmenden Nicken und stand auf.

Addy griff nach ihrem Handgelenk.

"Och, Ritaleinchen, bleib doch noch ein bisschen hier!",
quengelte sie.
"Geh noch nicht! Lass mich nicht allein mit diesen wirklich
netten, netten Mädchen!"

>> Ja, genau.

Wir brauchen doch die ausgleichende Portion Unfreundlichkeit! <<
bettelte Felicia neckend mit.

Rita sah an ihrem Arm runter bis zu Adelines Hand und folgte dann Adelines Arm, bis
zu ihrem Gesicht, das sie ausgiebig musterte.

Ihre Antwort war:

>> Nein. <<

"Och, komm schon!"

Adeline zählte es als einen großen Gewinn, dass Rita sie noch nicht
angegriffen hatte - und auch sonst nicht versucht hatte, ihre Hand
loszuwerden.
Jede Sekunde war ein kleiner Gewinn!

Ritas Augen funkelten sie nun böse und ungeduldig an.

>> Ich sagte "Nein" und damit ist es auch beendet.

Ihr könnt hier sitzen und über Gott und die Welt lamentieren, aber
ich bin sehr erschöpft und will mich nun in mein Bett legen. <<

Damit zog sie ihre Hand abrupt aus Addys Griff.

"Oh..."

Addy senkte den Blick.
Einen Moment später schniefte sie.

>> Rita, jetzt schau, was du gemacht hast!

Du bringst nicht nur Babies zum Weinen, sondern jetzt auch noch
Raphaels geliebte Schwester.

Ist das fair? <<
beschwerte Felicia sich.

Rita verdrehte die Augen.

>> Oh, bitte.

Sie sieht aus wie jemand, der kriegt, was er will.

Da wird ihr so eine Abfuhr gut tun! <<
meinte sie unberührt.

>> Außerdem habe ich sie nicht beleidigt.
Ihr werdet gut ohne mich zurecht kommen.
Gerade ihr zwei. <<
meinte Rita und sah von Addy zu Felicia.

>> Intrigante Blondinen... <<
murrte sie leise.

Vi lächelte amüsiert.

Addy schniefte heftiger.
Unauffällig spähte sie zu Rita hoch.

"Ich will doch gar nicht viel", weinte sie.
"Nur, dass du noch ein bisschen bleibst...
Ist das denn zu viel verlangt?"

Rita sah sie misstrauisch an.

>> Drei Minuten. <<
meinte sie und setzte sich schweigend an das andere
Ende des Sofas.

Felicia sah erfreut aus.

Sämtliche Spuren des Weinens waren sofort verschwunden.
Addy grinste breit.

"Echt? Toll von dir!"

Rita wusste genau, dass dort niemals Tränen echter Trauer gewesen waren.

Und doch ließ sie sich wieder von dieser intriganten Blondine um den
Finger wickeln.

Sie war wütend auf sich und brummte nur als Antwort.


>> Was ist dein Beruf, Adeline? <<
fragte Vi aus Interesse.

"Ach, ich mach so dies und das...und dann mach ich noch ganz anderes!",
fasste sie - hilfreich und fröhlich wie immer - zusammen.

"Und ihr? Habt ihr Berufe? Oder was wollt ihr werden?"

Die Drei sahen sie verwirrt an.


>> Bist du kriminell? <<
fragte Vi amüsiert.

>> Oder eine kriminelle Bordellbesitzerin? <<
setzte Felicia noch einen drauf.

Rita war irritiert.

>> Oder eine Kräuterhexe? <<

Sie konnte sich Adeline gut vorstellen beim Hantieren mit seltsamen Mitteln.

Vi überlegte.

>> Ich weiß noch nicht so recht, was ich machen will.

Im Augenblick bin ich eher begeisterte Motorradfahrerin. <<
erklärte sie schulterzuckend.

Felicia schwieg dazu unauffällig.

Rita zuckte mit den Schultern.

>> Vielleicht Ingenieurin.
Du hast ja gemerkt, dass ich sehr gerne bastel. <<

Addy grinste zu den Rateversuchen.

"Ich bin Geheimagentin", verkündete sie stolz.
"Ne ganz tolle!"

>> Nein, das ist das Letzte, als das ich dich sehe. <<
meinte Rita kopfschüttelnd.

>> Metzgerin vielleicht, aber nicht Agentin.

Nein.. <<


Felicia klatsche in die Hände.
>> Eine Agentin!
Ja, das wäre interessant.
Stell dir vor, wie aufregend das wäre, wenn Addy uns die ganze
Zeit nur eine falsche Persönlichkeit vortäuschen würde! <<
meinte sie an Rita gewandt.

>> Würdest du nicht wollen, wie sie wirklich ist? <<

Rita sah zu Addy und musterte sie kurz.

Dann schüttelte sie den Kopf und lehnte sich auf die Lehne des Sofas.

>> Nein, das geht nicht.
Sie ist einfach so. <<

Addy grinste.

"Ich bin, wie ich bin", rief sie aufgedreht.

>> Verrückt. <<
kommentierte Rita nickend.

Felicia lachte.

Vor ihr auf dem Sofa saßen gerade Tag und Nacht.


Vi lächelte und dachte darüber nach, was sie werden wollte.

"Genau!", bestätigte Addy fröhlich.
Dann schien sie darüber nachzudenken, was Rita gerade gesagt hatte.

"...hey!"

Rita entwich sogar kurz ein amüsiertes Lächeln, während Felicia
wegen Addys Verzögerung lachen musste.

Addy grummelte.

"Unfair", meinte sie, dann hielt sie Rita schnell fest.

"Das heißt aber nicht, dass du gehen darfst!"

Rita zuckte zusammen.

>> He! <<
meinte sie erbost, als Adeline sie ergriff.

>> Die drei Minuten sind vorbei. <<
meinte sie bockig.

"Das waren drei Minuten?", fragte Adeline skeptisch.
"Bring deine innere Uhr mal zum Uhrmacher, oder stelle
sie richtig. Nicht drei Minuten vor."

>> Du solltest deiner Uhr eine Batterie einsetzen, Addy!

Sie ist nämlich stehen geblieben.

Es sind schon mehr als drei Minuten vergangen! <<
konterte Rita und verschränkte die Arme.

Felicia fehlte nur noch das Popcorn.
Gebannt lauschte sie dem erneuten Schlagabtausch.

"Ach ja? Und wo sind deine Beweise?",
fragte Addy ungerührt.

>> Schau auf die Uhr! <<
meinte Rita bockig und zeigte auf die Wanduhr.


>> Es war halb Drei als wir reinkamen. Und nun
sind fünf Minuten vergangen. <<

"Es war ungefähr halb drei", meinte Addy.
"So genau hab ich da nicht draufgeguckt.
Mehr Beweise?"

>> Wie soll ich dir bitte die Zeit beweisen? <<
fragte Rita irritiert.

Was verlangte diese Frau schonwieder für seltsame Dinge?

Addy zuckte die Schultern.

"Ich weiß nicht - denk dir was aus! Muss ich denn hier alles alleine machen?"

Rita seufzte angenervt.

>> Du machst mich fertig! <<
beschwerte sie sich.


Felicia kicherte leise in sich hinein.
Sie wirkten wie ein altes Ehepaar.


>> Ich gehe schlafen.
Wenn dein Verstand richtig funktioniert, zumindest,
was das Zeitgefühl angeht, sind nun deutlich mehr als
drei Minuten vergangen. <<
brachte sie hinter zusammengebissenen Zähnen hervor.

Vi sah noch einmal auf die Uhr.

>> Ja, also ich gehe auch. <<
meinte sie.

Felicia schüttelte den Kopf.
>> Nicht schlafen, was? <<

Vi neigte kurz ihren Kopf und schwieg.

>> Ja, ich gehe nicht schlafen.
Ich.. fahre. <<

>> Pass auf, dass du keinen Unfall baust! <<
warnte Felicia sie.

Rita sah zu Vi.
>> Nimmst du das Motorrad, das ich auffrischen sollte für dich? <<

Vi nickte vorfreudig.
>> Ich will austesten, was deine Hände Nettes erschaffen haben. <<
meinte sie grinsend und war schon weg, bevor Rita und Felicia etwas
sagen konnten.

Ihr Kopf tauchte noch einmal auf.
>> Gute Nacht, Adeline! <<

"Gute Nacht, Vi!", rief Adeline ihr hinterher.
"Pass auf, es sieht nach Regen aus!"

Ritas Zeitkommentar ignorierte sie geflissentlich.