Das Reichenviertel der Stadt

Ranegar seufzte.

>> Und was für ein Spiel spielt ihr? <<
wollte er dann wissen.

>> Wahrheit oder Pflicht. <<
meinte Genika, die dieses Spiel auf ihre offizielle
Zu-Meiden-Liste geschoben hatte.

>> Oh, deshalb... <<

Jetzt wurde es ihm ganz bewusst.

Námo war ein wenig beruhigt, dass er den Ruf
Genikas nicht völlig zerstört hatte.

Hoffentlich.

Leonora schwieg etwas.

>> Gut, wir wollen Genika nicht zu lange quälen.
Wir sehen uns.
Dir hats sicherlich Spaß gemacht. <<
meinte sie provokant.

Ranegar sah sie etwas unsicher an.
>> Öhm.. bis dann. <<

>> Bis dann. <<

Und schon war er weg.

Genika atmete aus.

Námo ging wieder zurück zu seinem Sitzplatz.

Er hoffte wirklich, dass er nicht als nächstes
drankommen würde.

Genika flüchtete erleichtert vom Stuhl.

Hoffentlich würde das nicht zwischen ihr und Ranegar hängen!

Dann drehte sie schweigsam.

Námo hielt ihr bereits die Flasche hin.

"Hat's Spaß gemacht?"

Genika sah ihn kurz bockig an.

>> Nein. Es war..peinlich. <<

Seufzend nahm sie die Flasche.

>> Der Junge schien sehr nett zu sein. <<
stellte Derdekia lächelnd fest.

"Sieh's positiv", meinte Námo.

"Du hättest auch irgendeinen weniger Netten erwischen können."

Um den hätte er sich dann allerdings gründlich gekümmert...

Genika lachte leise.

Ja, es hätte sie schlimmer treffen können.


Dann zeigte die Flasche auf Derdekia, die sich bis jetzt
sehr zurückgehalten hatte.

Námo grinste bereits vorfreudig.

Er mochte Wahrheit oder Pflicht wirklich gerne,
hatte er wieder einmal festgestellt.

Derdekia seufzte.

Ihr gefiel es nicht, wenn sie dran war.

Dieses Spiel zielte darauf, gegen ihre Prinzipien zu verstoßen.

"Also, Deki?", fragte Námo sie, als Genika keine
Anstalten machte, die Frage zu stellen.

"Wahrheit oder Pflicht?"

Derdekia überlegte.

Die Wahrheit war ihr nichts Neues, wenn auch hier oft
verworren und verborgen.

Deshalb entschied sie sich für ein weiteres, und innerlich
letztes, Mal >>Pflicht. <<.

Námo grinste.

Nun, was konnten sie Derdekia noch anhängen?

Leonora sah Derdekia an und überlegte.

Genika dagegen war mit ihrem Engelslatein am Ende.
Sie wollte nicht zu Böse werden. Und das machte bei ihr schon
den Großteil der Ideen aus.

Námo, immer ganz der Schutzengel, hatte andere Pläne.

"Genika", meinte er, "sei bloß nicht zu nett. Es ist der Sinn
des Spiels, ein bisschen böse zu sein!"

>> Ja, natürlich. <<
versicherte Genika ihm.

Es war immerwieder faszinierend, wie sehr Derdekia und
Námo sich unterschieden, obwohl sie beide Engel waren.

Námo grinste breit.

"Und willst du dich nicht an irgendjemandem wegen
gerade eben rächen?", fügte er noch leise hinzu.

>> Ja. <<

Sie sah dabei erst zu Leonora und dann zu ihm.
Recht eindeutig.

>> In welche Richtung soll es diesesmal gehen? <<
fragte Leonora.

Námo hielt den Mund und verzog das Gesicht.
Immerhin hatte er Leonora küssen müssen,
das war auch nicht angenehm gewesen.

Genika hatte immerhin einen netten Partner
gehabt.