Das Schlemmerviertel

Ganymeds Grinsen wurde breiter.

"Danke für den Tipp", bemerkte er.
"Ich werde daran denken..."

Lenta lächelte.

Sie glaubt ihm das sogar.

Die beiden wirkten ziemlich.. hungrig auf Lenta.

Aber sie beschäftigte sich nicht allzu viel mit diesem
Thema. Es gab Dinge, die interessierten sie mehr
und sie war auch von anderem eher betroffen als.. davon.

"Diese Zicken...", begann Ganymed plötzlich.
"Wie sind die denn so?"

Er meinte eigentlich nicht ihren Charakter,
vielmehr ihr Aussehen. Aber er fühlte sich
gerade zu faul und zu entspannt, um das noch
einmal hinzuzufügen.

>> Hm... zickig, oberflächlich,
achten sehr auf ihr Äußeres. <<

Sie musterte die beiden kurz.

>> Tragen immer knappe Sachen.
Manchen von ihnen werden viele Liebesgeschichten
nachgesagt.
Manche sind eher so unnahbar, dass sie in dreißig Jahren
keinen an sich ranlassen.

Hängt wohl davon ab, welche ihr erwischt. <<

Ganymed grinste.

"Hast du eine Liste, auf der sie alle draufstehen?"

Da konnte er so schön abhaken...

Lenta sah ihn amüsiert an.

>> Eine Liste?
Nein, leider habe ich keine Liste meiner allseits geliebten
Mitschülerinnen bei mir oder in meinem Zimmer über dem
Bett, um sie mir jeden Abend durchlesen zu können.

Du kannst dir aber bestimmt eine Liste machen!

Ich bin sogar fähig dazu, dir eine genaue Einschätzung
ihres Zickigkeitsgrades zu geben.
Oder ihrer Gewaltbereitschaft.
Oder ihrem Drang, den Freund wie ihre zahlreichen Schuhe zu wechseln. <<
frohlockte sie.

"Das wäre praktisch", stellte Ganymed fest.
"Ich habe nur nichts zum Schreiben dabei."

Und eine Handschrift, die er selbst manchmal
nicht lesen konnte, doch das war egal. Er
hatte ohnehin nicht vor, die Liste aus der
Hand zu geben.

Lenta lächelte leicht.

>> Kein Problem.
Das können wir in der Schule bei Gelegenheit machen.
Dann kann ich sie dir auch gleich zeigen. <<

Kedar musterte Ganymed kurz von der Seite.

Er würde die Liste wahrscheinlich nie im Leben rausrücken.
Also würde Kedar auch gezwungen sein, mitzuschreiben.

"Gut, das machen wir so."

Ganymed grinste wölfisch.
Das würde ein Spaß werden! So viele Mädchen, wie es
hier gab...das würde ihn eine Weile beschäftigen.

>> Wieso seid ihr beiden-
ja, ihr beide- so erpicht darauf, euch irgendwelche
Mädchen zu schnappen? <<
wollte Lenta auf einmal wissen.

>> Das ist sehr ungewöhnlich.
Selbst für einen Jungen, der seit Jahren kein Mädchen
mehr zu sehen bekommen hat. <<

Ganymed zuckte mit den Schultern.

"Das täuscht. Wir wirken gerade vielleicht etwas...
paarungsaktiv, aber das ist eigentlich völlig normal."

Lenta sah ihn erschrocken an.

>> Normal?!

Seid ihr... <<

Sie lehnte sich etwas nach vorne zu Kedar und Ganymed,
so, als ob gleich etwas sehr Schlimmes gesagt werden würde,
das auf keinen Fall jemand hören durfte.

>> "paarungssüchtig"? <<
hauchte sie.

Ganymed prustete los. Wie sie das gesagt hatte - als
wäre es etwas Schlimmes!

"Nein", beantwortete er ihre Frage in den Pausen, in
denen er nicht nach Luft schnappte und trotzdem reden
konnte. "Aber es ist eben Frühling!"

Lenta schien nicht ganz überzeugt zu sein und musterte
Kedar, dessen Mundwinkel verdächtig zuckten, während
er sich bemühte, eine unbeeindruckte Miene aufzusetzen.


>> Hmm, das ist eine schwierige Frage.
Was definierst du unter Paarungssucht?
Hast du Erfahrungen damit gehabt? <<

Es machte ihm Spaß, diese komischen Spielchen mit
ihr zu spielen.

Lenta lehnte sich erschrocken zurück.
>> Ich? Nein!
Aber für mich ist man schon paarungssüchtig, wenn man
fast ständig daran denkt und sich schon Listen .. <<

Ein unschuldiger Seitenblick zu Ganymed.

>> von Mädchen macht, die man durcharbeiten will.
Wenn das schon im Frühling solche Ausmaße hat...

Übrigens haben eigentlich nur andere Lebewesen als... Menschen...
einen verstärkten Trieb im Frühling. <<

Dabei sah sie die beiden recht eindeutig an.

Die Geschichte mit dem "Wir sind normal." hatte sie ihnen sowas von
nicht abgekauft.

Ganymed grinste breit.

"Anpassung ist alles...multikulti soll ja im
Kommen sein.
Und die Liste hilft auch dabei, festzustellen,
wo ich eine Chance habe."

Und wo er Gewalt anwenden musste.

Du siehst nicht aus wie jemand, der aufgibt, selbst,
wenn die Chance gleich Null ist.
Da haben wir etwas gemeinsam.
dachte Lenta amüsiert, behielt diesen Gedankengang aber
für sich.

Sie sollten besser nicht erfahren, dass Lenta ihnen bei diesen
Geschichten misstraute.

Wenn jemand sich in seiner Identität bedroht fühlte, konnte er
gefährlich werden.

Deshalb lächelte Lenta unschuldig.

>> Achso. Ich hätte dir aber auch zutrauen können, die
ganze Liste stupide abzuarbeiten. <<

Innerlich musste sie sich schlapp lachen.

Das leise Klingeln der sich öffnenden Tür erklang.

"Nicht stupide, meine Liebe. Geschickt",
meinte Ganymed lediglich.

Dann drehte er sich neugierig zu der Tür
um. Wer da wohl hereingekommen war?
Ein hübsches Mädchen?

Vor ihnen am Tisch stand plötzlich ein hochgewachsenes
Mädchen mit dem selbstbewussten Blicks eines Löwen.

Sie musterte die Sitzenden kurz und lächelte dann.

>> Gleich drei Liebhaber hast du dir an Land gezogen, während ich
weg war? <<

Lenta sah sie erfreut an.

>> Khylie!
Ich dachte, du bist beim Eiskunstlauftraining. <<

Khylie hob kurz den Arm mit der Sporttasche an.

>> Wo, meine Liebste, denkst du, gehe ich hin?
Aber ich wollte dich natürlich erst einmal abholen.

Ich sehe... du bist beschäftigt. <<

>> Achja...
Khylie, das sind Ganymed, Kedar und Alfie.
Jungs, das ist Khylie. Eine gute Freundin von mir
und leidenschaftliche Eiskunstläuferin.. und manchmal etwas eingebildet. <<

>> Wie bitte? <<

Ganymed war bereits dabei, sie mit recht eindeutigen
Blicken zu mustern.

"Eiskunstläuferin?", fragte er. "Ich würde dich gerne
mal laufen sehen."

Und dich gleich danach wieder aufwärmen, fügte er
in Gedanken hinzu. Körperwärme sollte ja wahre
Wunder wirken...

Khylie musterte ihn und hob eine Augenbraue.

>> Würdest du das?
Dann könnt ihr uns doch gleich begleiten. <<
schlug sie vor.


Lenta grinste.

>> Das ist eine tolle Idee! <<

Kedar musterte sie amüsiert.

Hatte das Mädchen wieder irgendwelche Hintergedanken?

Ganymed würde sich bestimmt nicht beschweren.
Sexy Mädchen, die auf Schlittschuhen liefen, waren
immer ein willkommener Anblick.

"Also, ich komme mit", meinte er.

Khylie legte die Hände in die Hüfte.

>> Und deine Freunde? <<

>> Die kommen natürlich auch mit.

Etwas Aufwärmung kann man immer vertragen. <<
meinte Kedar und lächelte dabei ziemlich eindeutig.

Alfie nickte.

>> Du bist bestimmt ein richtiger Eisfanatiker, oder? <<

Khylie sah ihn kurz an.

>> Hmm, gern drinsitzen tue ich nicht.
Aber ansonsten, ja. <<


>> Dann können wir ja schnell bezahlen und losgehen. <<
meinte Lenta motiviert.

Ganymed hätte beinahe geschnaubt, hielt sich aber im
letzten Moment noch zurück, weil er keine zu großen
Schwierigkeiten bekommen wollte.

Bezahlen? Wozu das denn?

Kedar sah kurz zu Ganymed.


Gut, dass er vorgeplant hatte.

Er bezahlte für sie beide und grinste dann.
>> Ich hoffe, ihr habt auch so kurze Kleidung wie es sich gehört!

Für die Aerodynamik. <<
fügte er noch hinzu.

Khylie sah ihn amüsiert an.

>> Natürlich für die Aerodynamik! Was denn sonst? <<

Der Rest bezahlte auch.
Und so machten sie sich auf den Weg.

Lyra hatte Ganymed wieder in das Schlemmerviertel geführt.

Es waren nun mehr Leute da, meist Schüler, die nun Unterrichtsschluss hatten.

Ganymed schaute ab und zu umher, konzentrierte sich
aber lieber auf Lyra.

Wozu war sie denn schließlich sonst neben ihm?

Lyra führte ihn in eine eher unauffällige Gasse.

Sie mündete irgendwann in eine Allee aus süßen Bäumchen, an deren
Rand ein unauffälliges Café stand.

>> Hier ist mein Vater immer mit mir hingegangen als ich ein Kind war. <<
meinte Lyra lächelnd und trat mit ihm ein.

"Sieht gemütlich aus", kommentierte Ganymed.

Und vielleicht konnte er hier ein paar einsame
Momente mit Lyra haben...

>> Ja, hier kommen nicht viele hin.
Andere Cafés sind jetzt moderner und angesagter.
Aber ich bin immer gerne hier. <<

Der Cafébesitzer, ein alter, aber sympathisch wirkender Mann,
winkte ihr fröhlich zu.

Lyra erwiderte das Lächeln und winkte zurück.

Sie setzte sich in eine kleine Ecke des Cafés mit Ganymed.

"Und oft", beobachtete Ganymed.

Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder völlig auf Lyra.
Er war wirklich mit ihr alleine in einem Café! Jetzt musste er
nur noch den nächsten Schritt schaffen und würde sie in seinem
Bett haben.