Die Stadt

Natasha schauderte.

Das war eine wirklich unangenehme Waffe...
In mehr als nur einer Hinsicht.

>> Ja, es sah nicht schön aus.

Und es waren echt unglückliche Zufälle, die dann dazu geführt
haben, dass die Personen Mistgabeln aus sich abstehen hatten. <<
meinte Genikas Mutter nickend.

Währenddessen packte sie Rennas Bein ohne Vorwarnung und kippte
die bläuliche Flüssigkeit auf ihre Wunde.

Es brannte wie Hölle.

Renna spuckte das Tuch durch den plötzlichen Schmerz aus.

>> Ah! Das brennt mir fast das ganze Bein durch. <<

>> Ja, es fühlt sich nicht angenehm an.
Aber jetzt kann ich die Wunde auch ohne Risiken heilen. <<
meinte Genikas Mutter.

Natasha stand am Rand und kam sich nutzlos vor.

Was sollte sie denn jetzt auch noch tun, außer darauf
zu warten, dass Renna geheilt wurde?

Der Schmerz schien zu schwinden, da Renna sich allmählich
beruhigte.

Sie hasste diese ganze Situation. Diese Schwäche und Hilflosigkeit,
gegen die sie nichts tun konnte.


>> Bist du neu in der Stadt? <<
fragte Genikas Mutter Natasha, während sie eine
Hand über Rennas wunde legte.

Ein leichtes Licht schien in dem Zwischenraum zu leuchten.

Renna blickte das Licht interessiert an.

Und langsam, aber stetig, begann sich ihre Wunde von selbst
zu schließen.

Auch Natasha beobachtete die Heilung interessiert.

"Ja, ich bin sozusagen gerade erst angekommen",
bestätigte sie.

>> Achso.
Kanntet ihr beide euch schon vorher? <<
fragte Genikas Mutter.


Renna war meistens nicht so die aufgeschlossene
Person, die andere mit offenen Armen begrüßte, hatte sie gehört.


Für sie kam nur logischwerweise eine frühere Bekanntschaft in Frage.


Die Wunde schloss sich schließlich.

Renna atmete erleichtert aus.

"Nein", zerstörte Natasha jedoch unwissend diese Annahme.

"Ich nehme an, es hat einfach gepasst."

Genikas Mutter lächelte.

>> Achso. <<

Renna konnte hören, dass sie ganz leise so etwas wie
"Süß." sagte.

Sie verzog kurz die Mundwinkel.

Dann sah Genikas Mutter wieder zu ihnen.

>> Also, ich wäre hier fertig. <<
meinte sie freundlich.

Renna nickte.
>> Danke. <<

Sie stand auf und nahm den Dolch.
Dabei steckte sie Genikas Mutter kurz etwas zu und wandte
sich dann Natasha zu.

>> Dann lass uns gehen. <<
meinte sie.

Natasha nickte.

"Danke für ihre Hilfe",
bedankte sie sich bei Genikas Mutter.

>> Ich wünsche euch noch einen ereignislosen Abend, Mädels. <<
meinte Genikas Mutter mit einem verschwörerischen Lächeln, als sie
die beiden an der Tür verabschiedete.

Genika lugte hinter einer Tür hervor.

Natasha nickte.

Den wünschte sie sich allerdings auch.

Die beiden gingen wieder hinaus.


Renna atmete die kalte Luft tief ein und sah sich um.

>> Hier ist wirklich nichts los. <<
kommentierte sie nur und lächelte dann wieder.

>> Umso besser.
Lass uns zurückfahren, damit wir die anderen nicht verpassen. <<

"Willst du dieses Mal fahren?",
fragte Natasha.

Das Gefährt war doch ein wenig...unhandlich.

Renna lächelte.

>> Auf jeden Fall.

Nicht, dass wir gleich doch wieder zurückkommen müssen,
weil jemand Gewisses uns in die Wand gefahren hat.

Neue Fahrzeuge, neue Regeln, was? <<

Sie holte ihren Schlüssel aus der Tasche und ging zu dem Fahrezug vor.

"Weißt du", überlegte Natasha laut, während sie Renna folgte.

"Das beruhigt mich nicht ganz so sehr, wie es sollte - nach deiner
Erzählung, wie du es mal geschafft hast, diesen halben Panzer
fast völlig zu zerstören."

Renna stütze einen Arm an der geöffneten Fahrertür ab und
schnaubte amüsiert, während sie Natashas Worte hörte und in die Fahrerkabine blickte.

Mit einem verschwörerischen Lächeln blickte sie zu Natasha.

>> Das ist ja das aufregende, meine Liebe.
Die Frage ist natürlich, ob du dich auf dieses Risiko einlassen willst.

Bei mir ist nichts sicher. <<

Natasha sah für einen Moment so aus, als würde
sie darüber nachdenken.

Dann zuckte sie mit den Schultern.

"Wenn du einen Unfall baust, werde ich sagen:
Ich hab's doch gesagt", stellte sie dann fest und
setzte sich auf den Beifahrersitz.

Renna nickte und stieg ebenfalls ein.

Dann startete sie den Motor.

>> Wenn du das dann noch kannst. <<

Dann gab sie Gas und raste aus dem Viertel.

Obwohl sie eine große Anhängerin der rasenden Autoblitze zu sein
schien, war ihr Stil sehr sicher und mit jeer Art von abrupten Bewegungen.

>> Wir fahren erst einmal zu Ciara, weil die anderen bei ihr ankommen sollten
und... was zur..?! <<

Mitten auf der Straße ging auf einmal ein entspannter Kerl in der Dunkelheit
und zwang Renna dazu, abrupt zu bremsen.

Der Wagen kam in einem kritisch engen Abstand vor ihm zum Stehen.

Renna keuchte auf und funkelte den jungen Mann böse an.

Kedar sah den Wagen kurz an und lächelte dann amüsiert.
Die Wagentür öffnete sich und Renna lehnte sich wutentbrannt aus der Kabine.

>> Sag mal, hast du kein Gehirn oder was sollte das jetzt gerade?! <<
fuhr sie ihn wütend an.

Kedar musterte sie kurz und lächelte dann anzüglich.

Was für ein Glück, dass er direkt vor den Wagen einer der Königszicken gelaufen war.
Den Anblick konnte er wenigstens genießen.

>> Oh, entschuldige, Süße. Ich hatte deinen kleinen Blitz nicht kommen sehen.
Da hast du mich glatt überrumpelt. <<

Er bemerkte eine weitere Person im Wagen.
>> Wart ihr gerade auf dem Weg zu einer Feier, Mädels? <<
fragte er grinsend.

Renna sah ihn kalt an.
>> Das geht dich nichts an, Idiot.
Und jetzt geh mir aus dem Weg. <<

Natasha hatte heute keine Lust mehr auf solche Dinge
und gab Kedar mit ihren Fähigkeiten einen kräftigen Stoß,
der ihn aus dem Weg beförderte.

Kedar landete mit einem Aufkeuchen auf dem Gras und sah etwas verwundert
drein.

Renna schien die Entwicklung zu gefallen, denn sie würdigte ihn keines Blickes mehr
und fuhr dann einfach weiter.

>> Guter Schlag. <<
meinte sie nur dazu.

Natasha grinste.

"Danke."

Draußen im Schnee wurde Kedar noch einmal
magisch stärker zu Boden gestampft, bis der
Druck dann nachließ.

Kedar schnaubte amüsiert.

>> Diese Mädchen haben es faustdick hinter den Ohren.

Das gefällt mir. <<
schnurrte er und richtete sich dann auf.

>> Naja, ich sollte weitergehen. <<

Er verschwand in der Dunkelheit.

Genika saß auf ihrem Fensterbrett und umklammerte ihre angewinkelten Beine.

Nachdenklich hatte sie den Kopf auf ihre Knie gelegt und starrte aus dem Fenster.

>> Das ist ungerecht. <<
murmelte sie vor sich hin.

Kurze Zeit später klopfte es am Fenster.

Námo war angekommen und wollte hinein.

Genika sah wie in Trance auf.

Als sie Námo im Fenster sah, schrie sie erschrocken auf und fiel
rücklings vom Fensterbrett runter.

>> Au... <<

Sie rieb sich den Kopf.

Dann sah sie auf.
Das konnte doch nicht wahr sein.

Wieso war Námo hier. Sie hatte ihm doch eine Nachricht hinterlassen.

Sie richtete sich verwirrt auf.

Dann überlegte sie.

Eine für sie böse Hoffnung stieg in ihr auf.
Doch die schluckte sie wieder runter.

Das wäre zu fair.

Vorsichtig öffnete sie das Fenster, darauf bedacht, Námo nicht in das Gesicht zu sehen.

Mit einem Flügelschlag und einem gezielten Luftstoß war
Námo bei ihr im Zimmer und faltete seine Flügel zusammen.

"Ist alles in Ordnung?", fragte er zuerst.
"Warum bist du denn gegangen?"

Genika sah verlegen zum Fenster.

Da draußen war nichts außer Schnee.

Wie gerne würde sie dahin flüchten.

Dann riss sie sich zusammen und sah Námo an.

Sie maskierte ihre Lippen mit einem ruhigen Lächeln.

>> Ja, mir geht s gut.

Ich habe mir nur Sorgen um meine Mutter gemacht.
Und... <<

Sie überlegte kurz.

>> ... die Wahrheit ist, dass ich mich bei anderen unwohl fühle.
Insbesondere bei Leonora, da wir, du weißt schon, uns nicht so gut verstehen. <<
gab sie ein schulterzuckendes Geständnis ab.

Námo zuckte mit den Schultern.

"Weißt du, wirklich vorwerfen kann ich ihr das nicht."

Genika seufzte.

Dann drang jedoch eine Implikation in ihr Bewusstsein.

Überrascht sah sie wieder zu Námo.

>> Du stehst auf Leonoras Seite? <<
fragte sie völlig perplex.

Námo hob eine Augenbraue.

"Ich wusste nicht, dass es Seiten gibt. Nur Fakten.
Ich meine, du bist keine gute Gesprächspartnerin,
nicht wirklich ansehnlich, ein bisschen langsam..."