Yliae - das verborgene Land

Seit langer Zeit ist Yliae in Geschichten das Äquivalent von Atlantis -
ein untergegangenes Land voller wundersamer Reichtümer, heute von
allen Landkarten verschwunden.
Doch die Wahrheit sieht anders aus - Yliae lebt weiter und wird durch
starke Illusionen vor den Blicken Außenstehender geschützt. Hier
findet man Dinge, die nur durch eine Vermischung von Magie und
Technik entstehen konnten - wenn man hier lebt. Doch seit dem
"Untergang" des Landes sind keine Fremden mehr hergekommen -
sie wurden nicht hereingelassen. Die Gefahr, dass Fremde von dem
Land erfahren, ist zu groß.

Nach einiger Zeit kam Tybalt in der Nähe der Grenze an.

Natürlich ohne Wissen über deren Existenz.

Er ging erst einmal in Deckung und sah sich aufmerksam um.

Die vermeintliche Klippe lag ruhig und unbewegt da,
abgesehen vom stillen Körper seiner Partnerin und
ein wenig plattgetrampelten Gras.

Tybalt sah sich noch einmal um und ging dann vorsichtig
auf Andreina zu.

Schließlich kam er neben ihr an und vergewisserte sich, dass sie es
wirklich war.

Er hatte gehofft, dass sie es nicht war, denn sie sah schrecklich
zugerichtet aus.

Doch seine Hoffnungen wurden zerstört.

>> Andreina! <<

Er kniete sich neben sie und versuchte, sie wieder zu Bewusstsein zu bekommen.

Derweil kramte er in seiner Tasche nach Erste-Hilfe-Utensilien.

Er wusste nicht, ob sie es überleben würde.

Wäre er früher gekommen, dann hätte es anders laufen können.

Doch solch ein Denken würde ihn nicht weiterbringen.

Tybalt sah sich um.
In der Umgebung gab es kein einziges Lebenszeichen.

Wie konnte es dann passiert sein, dass eine Person wie aus dem Nichts auftauchte,
eine der besten V-Jägerinnen gnadenlos zurichtete und dann in solch einer kurzen Spanne
einfach wieder im Nichts verschwand?

Tybalt sah auf seine Armbanduhr.
Auf ihrem Bildschirm war eine Karte der Umgebung aufgezeichnet.
Eine Sensorwelle ging in regelmäßigen Abständen von Tybalts Standpunkt aus.

Ein Punkt leuchtete neben ihm auf. Das war Andreina.
Doch der Sensor nahm im kilometerweiten Umfeld kein weiteres Lebenszeichen auf.

Tybalt runzelte die Stirn und sah sich auf dem Gras nach Zeichen des Kampfes um.

Er fand Abdrücke auf dem Gras.

Sofort war er wieder in Alarmbereitschaft.
Er folgte den Fußspuren, bis sie abrupt endeten.

Verwirrt sah er in die Klippe, die nun vor ihm lag.

Doch niemand war dort zu sehen.
>> Wie ist sowas möglich? <<

Er sah sich nach irgendwelchen Spuren an der Klippe um.
Seilen, Gasrückständen, leichten Brennspuren, Löchern, irgendetwas.

Doch wieder Nichts.

>> Als wäre er einfach in der Luft verschwunden... <<
dachte Tybalt laut nach und wedelte mit der Hand vor sich.

Tybalt grummelte wütend vor sich hin.

Jetzt hatten sie auch noch diese Ratte Basil verloren!
Und der war auch im Nichts verschwunden.

Das würde den V´s ganz und garnicht gefallen.

Andreina und er hatten bis jetzt keine Mission verloren!

Wütend warf er einen Stein in Richtung der Klippe.

Kaum war der Stein über die Klippe hinausgeflogen, begann er zu
verblassen und verschwand schließlich ganz.

Doch vorher konnte Tybalt noch sehen, wie der Stein mitten in
der Luft aufkam, ein Stück vorwärtsrutschte und schließlich zum
Liegen kam.

Überrascht weiteten sich seine Augen.

Das war alles nur eine Täuschung?

Und plötzlich wurde ihm alles klar.
Jetzt ergab das Ganze auch einen Sinn!


Die Ratte musste hinter der Grenze verschwunden und
Andreinas Angreifer aus ihr herausgekommen sein.

Tybalts Augen verengten sich.

So würden sie nicht mit ihnen spielen.

Ein V erreichte sein Ziel. Komme, was wolle.

Er rannte entschlossen zurück zu Andreina.
Hier liegenlassen konnte er sie schlecht. Also musste er sie mitnehmen.

Behutsam legte er sie sich über seine Schulter.
Ein leies, schmerzhaftes Aufstöhnen war von ihr zu vernehmen.

>> Wir sind wieder im Spiel, Andreina.
Es tut mir leid, dass ich dir keine weitere Hilfe anbieten kann.
Halt einfach noch ein bisschen durch, ja?
Du bist doch eine starke Nymphe. <<
meinte er mit einem leichten Lächeln.

Dann konzentrierte er sich wieder auf sein Vorhaben und ging zielstrebig auf
die Klippe zu.


Den ersten Fuß setzte er zaghaft in die Luft.

Er traf auf soliden Boden.

Tybalt atmete tief ein.

Dann trat er ganz auf die Luft.

Es war, als hätte er eine Barriere durchschritten. Plötzlich war er nicht
mehr an einer Klippe, sondern auf einer weiten Ebene.

In weiter Ferne erhoben sich weiße Türme, kaum noch zu erkennen.
Ansonsten war lediglich ein Wachturm zu erkennen, der ganz in der
Nähe der unsichtbaren Grenze stand.

Niemand schien in der Nähe zu sein.

Dieser plötzliche Landschaftswechsel traf Tybalt wie ein Schlag in die
Magengrube.

Mit einem überraschten Aufkeuchen blieb er stehen und sah sich perplex um.

Wo war er denn hier gelandet?

Er kannte jedes Land auf den Karten, aber dieses hier?


Wo waren sie hier gelandet?

Er registrierte den Wachturm sofort und sah sich nach einer Möglichkeit zum Verstecken um.

Doch obwohl jemand in dem Wachturm ihn schon vor langer Zeit
hätte sehen müssen, rührte sich nichts.

Tybalt wurde das Gefühl nicht los, dass etwas falsch war hier.

>> In Deckung... <<
hörte er Andreina leise flüstern.

Er lächelte.
>> So schnell scheinst du also doch nicht zu sterben, was? <<
neckte er sie kurz.

Aber sie hatte selbst in ihrem fatalen Zustand Recht.

Er sollte hier nicht wie ein Huhn vor einer Wüste ohne Körner stehen, sondern
schnellstmöglich in Deckung gehen.

Schnell eilte er weiter.


Es gab auch noch eine Ratte, die er wieder einfangen musste.

Nach einiger Zeit erreichte Tybalt den Rand der Stadt und musterte
sie.

Vorsichtig schlich er zum ersten Gebäude und musterte die Gassen.

Die Straßen waren im Moment recht leer, nur vereinzelt
liefen Bürger umher.



Lisha saß auf einem Hochhaus und blickte hinunter.
Wo versteckte sich der Eindringling?

Tybalt runzelte die Stirn.

Dieser elende Dreckskerl war also hierher geflüchtet.

Er musterte die Häuser.

Was für eine Art Stadt war das? Sie schien sehr modern zu sein.
Tybalt hatte das Gefühl, sich mit seiner Technik nicht weit voran
schlagen zu können.

Sie würden ihn früher oder später aufhalten.

Außerdem brauchte Andreina dringend Hilfe.
Er durfte ihr Leben nicht riskieren.
Doch würden diese Menschen ihnen helfen?

Er war sich sehr sicher, dass sie die beiden dann aber bei ihrer
Suche nach Basil hindern würden.

Und vielleicht auch niemals wieder aus der Stadt rauslassen...

Tausende solcher Gedanken schossen Tybalt durch den Kopf.

>> Lass mich ... liegen. <<
raunte Andreina ihm leise zu.

Tybalt runzelte die Stirn.
Ihre Ansage hatte ihn sofort aus dem Gedankenchaos gerissen.

Entschlossen sah er zu der Stadt.
>> Nein. Wir sind ein Team. Ich werde dich nicht im Stich lassen. <<

Egal, was nun passieren würde.
Er hatte seine Entscheidung getroffen und verließ die sichere Deckung der Büsche.

Lisha entdeckte zwei Personen, die scheinbar aus den Büschen kamen.
Ein verliebtes Paar, hätte sie auf den ersten Blick gesagt, hätten sie
derartig nicht ins Stadtbild gepasst.

Sie begann, auf allen Vieren das Glashaus hinunterzukriechen. Das
musste sie sich mal aus der Nähe ansehen!

>> Taktisch .. Bescheuertste ... was du.. <<
keuchte Andreina, während Tybalt langsam
mit ihr in die Richtung einer dunkleren Gasse ging.


Tybalt schnaubte.
>> Das ist egal.
Würde ich dich hier irgendwo liegen lassen.
So, dass dich niemand findet, und dann losziehen, um
Medikamente zu besorgen oder ähnliches, dann wäre es auch
unklug.
Ich könnte gefangen genommen werden und du würdest hier alleine
sterben. <<

Andreina schwieg.
Was er nicht sah, war ihr leichtes, bitteres Lächeln.

Tybalt sah sich noch einmal kurz um.
Niemand folgte ihnen?

Dann musste er wirklich unglaubliches Glück gehabt haben.

Er trat in die Gasse ein und sah sich aufmerksam um.

Lisha hing über ihnen am Gebäude und wunderte sich,
dass Menschen niemals nach oben sahen.
Nun gut, nicht jeder hatte eine solche Ausrüstung wie
sie, doch die Gravis waren weit genug verbreitet, dass
man teilweise Angst haben musste, gleich jemanden auf
den Kopf zu bekommen.

Sie schüttelte den Kopf und musterte die beiden. Mit
einem kurzen Gedanken ließ sie ihren Anzug ihre Hörfunktion
verstärken, um sie zu belauschen. Sie wollte es nicht riskieren,
näher an sie heranzugehen.

>> Diese Menschen tragen andere Kleidung als wir. <<
meinte Tybalt nachdenklich.

>> Wir werden sofort auffallen.
Ich sollte von irgendwo her etwas anderes finden. <<

>> Nicht.. rauben.
Zu auffällig. <<
keuchte Andreina angestrengt.

Tybalt lächelte schief.

>> Dass du noch die Zeit findest, mich zu berichtigen und zu korrigieren.
Du bist manchmal wirklich eine Nervensäge. <<

Er wartete auf einen Schlag, der niemals kam.
Teils war er froh, teils nicht.

Es hieß, dass Andreina immer mehr an Kraft verlor.

Er sah nach oben an den Wänden entlang.

Wie waren diese Häuser aufgebaut?

Vielleicht würde er in den Gassen etwas Nützliches finden.
Selbst, wenn er sich als Streicher ausgeben musste.

Wenn es denn so etwas gab.

In dem Moment, in dem er aufblickte, handelte Lisha, um ihr Überraschungsmoment
nicht zu verlieren. Sie stieß sich ab von der Wand, drehte sich, sodass sie mit den
Füßen zuerst landen würde und aktivierte ihr Anti-Graviton. Der Aufprall hätte einer
Person ohne Hilfsmittel mindestens beide Beine gebrochen, doch ihr geschah nichts.

Ohne zu zögern, presste sie Tybalt mit einem Arm an sich, um ihn bewegungsunfähg
zu machen, und richtete mit dem anderen ihre Copidklinge auf seinen Hals. Das Mädchen
schien ihr die weniger große Gefahr zu sein.

"Wer seid ihr?", fragte sie.

In dem Moment, in dem Lisha unversehrt auf dem Boden aufkam,
wusste Tybalt, dass seine Waffen nichts gegen sie ausrichten konnte.

Seine Sinne waren zu trainiert, um nicht darauf reagieren zu können.

Doch es war weiser, nachzugeben.

Er hob die Hände hoch, so weit es in dem Klammergriff der Wächterin geht,
um zu signalisieren, dass er keinen Kampf wollte.

Andreina keuchte angestrengt und setzte sich auf,
um zu sehen, wer sie angriff.


>> Wir wollen kein Übel anrichten in deiner Stadt.

Die Person, die wir jagen, ist hierher geflüchtet.
Wir wollen sie finden und die Stadt wieder verlassen. <<
erklärte er knapp.

"Wie seid ihr hier überhaupt reingekommen?"

Lisha ließ nicht locker. Trotz deser Beteuerungen war er
noch immer eine Bedrohung!

Tybalt überlegte, wie er die Wächterin am besten entwaffnen konnte.


>> Meine Partnerin hat beobachtet, wie ihr Angreifer über der Klippe
verschwunden ist.
Ich habe das selbe versucht und nun sind wir hier. <<
gabe er zu Antwort.

Ganz einfach.

Lisha unterdrückte einen Fluch. Was genau war an der Grenze geschehen?
Niemand sollte sehen können, wie jemand über die Klippe verschwindet!
Verdammt, niemand sollte über die Klippe verschwinden! Dafür war sie
immerhin da!

Nun. Zeit zum Informationssammeln.

"Was war das für ein Angreifer?"

>> Deinesgleichen. <<
keuchte Andreina und verzog das Gesicht bei der Erinnerung.

Tybalt sah zu ihr.
Sie wirkte sehr wütend. Deshalb übernahm er schnell das Reden.

>> Ich habe sie so zugerichtet aufgefunden.
Die Person, die wir beide jagen ist aktiv nicht dazu in Stande,
ihr das anzutun.

Ein Wächter, der aus der Klippe kam, also aus deiner Stadt,
hat sie angegriffe. <<

Ein Wächter sollte sie angegriffen haben?
Das konnte sie nicht glauben. Es sei denn, sie waren
kurz davor gewesen, in Yliae einzudringen - was bedeuten
würde, eine Klippe hinabzulaufen.

"'Ist aktiv nicht dazu instande'?", wiederholte Lisha.

Tybalt sah kurz mit einem Seitenblick zu Andreina -
anders konnte er es aufgrund seiner Position ja nicht.

Andreina nickte.

>> Der Gejagte besitzt unter anderem die Fähigkeit,
Personen ihrer Willenskraft zu berauben und unter seine
Kontrolle zu stellen. 

Es kann sehr gut sein, dass dein Kollege Opfer seiner mentalen
Fähigkeiten wurde. <<

Für einen Moment erwog Lisha, sie darüber aufzuklären,
dass er nicht ihr Kollege war, doch dann unterließ sie es.
Sie mussten ja nicht mehr wissen als nötig.

Sie hob eine Augenbraue.
"Was wisst ihr über ihn - und wieso jagt ihr ihn?"