Ilanai - die Heimat der Oni

Bea zuckte zurück.
Nein!

>> Du?! <<

>> Dann... ist das hier deine Wohnung? <<

Sie schwieg. Das war so viel auf einmal, das sie verarbeiten musste.

>> Aber... wieso du? Wieso das hier alles? <<

"Frage den alten Adel und hoffe, dass du nicht als Aschehäufchen
endest", empfahl Eztiere düster.

>> Du weißt also auch nicht, wieso sie mich in deine Wohnung einsperren.

Ich meine, das behindert dich doch umso mehr.

Es ist.. zu deinem Nachteil.
Das verstehe ich nicht. <<


Im Nachhinein fand Bea den Ausgang nicht so katastrophal.
Aber das gab sie nicht zu.

Doch, da dieser Wachmann es sehr schwer mit ihrer bloßen Existenz zu haben
schien, fragte sie sich doch sehr, weshalb sie ihn noch weiter quälten und Bea
in seine Wohnung, die einzige Ruheoase, die eine Person normalerweise hatte, setzten.

"Sie werden ihre Gründe haben."

Eztiere klang verbittert.

Er wollte seine Wohnung mit wirklich niemandem teilen -
vor allem nicht mit der Person, die noch vor kurzem
versucht hatte, ihn umzubringen.

Was die Gründe anging ... ihm fielen einige ein, doch er
sah keine Notwendigkeit darin, sie mit ihr zu teilen.

Bea verstand allmählich den Facettenreichtum der Strafe und seufzte
ergeben.

Immerhin erreichten sie noch etwas Positives:

Eztiere würde viel lieber zur Arbeit gehen, da das Grauen nun in seiner
Wohnung hockte.

Bea schwieg und kam zaghaft in die Wohnung rein.

>> Und ich soll hier die gesamte Zeit sein? <<

"Ja. Wenn ich im Dienst bin, kommt eine Ablösung",
erklärte Eztiere.

Bea seufzte.


Dagegen tun konnte sie sowieso nichts.

>> Na gut.
Wir sind also jetzt eine Lebensgemeinschaft. <<
brachte sie den Ausgang auf den Punkt.


>> Wie wir das aussehen?
Da du nur eine Person hast, wirst du wohl kaum Platz für Zwei haben.
Ich kann auf dem Boden schlafen. <<
schlug sie vor.

Für einen Moment sah es so aus, als hätte Eztiere in eine
Zitrone gebissen.

"Ich schlafe auf dem Boden", legte er dann fest.

Bea runzelte unzufrieden die Stirn.

>> Nein, das geht auch nicht.
Es ist immerhin deine Wohnung.

Wo ist denn dein Schlafzimmer?

Wenn nicht, können wir uns abwechseln.
Aber ich will nicht, dass du die gesamte Zeit auf dem Boden schläfst.

Ich weiß ja nicht, wie lange die Strafe dauern wird. <<

Eztiere hob die Augenbrauen.

"Auf einmal bist du darauf bedacht, es mir so bequem
wie nur möglich zu machen?"

Er klang äußerst skeptisch.

Bea sah ihn angenervt von der Seite an.

>> Sagen wir, ich will diese Strafe einigermaßen entmildern.

Und wenn du ständig mieser Laune bist..
Na gut, du bist ständig mies gelaunt.

Aber ich will es nicht noch schlimmer machen.
Deshalb sollten wir versuchen, es für uns beide so angenehm
wie möglich zu machen. <<

"Ich finde es völlig in Ordnung, auf dem Boden zu schlafen",
merkte Eztiere an.

>> Na gut. Wenn es dich glücklich macht. <<
meinte Bea mit einem resignierten Schuterzucken.


>> Wie heißt du nochmal? <<

Nicht einmal das hatte sie sich also gemerkt!

"Eztiere."

Bea nickte.

>> Und ich bin Bea.

Nur als förmliche Vorstellung.
Wir werden jetzt leider einige Zeit miteinander auskommen müssen. <<


Sie fragte sich, ob sie hier wohl auch wegen guter Führung früher entlassen werden könnte.

Aber wie sollte dann "gute Führung" in einer Zwangslebensgemeinschaft mit
dem grimmigen Wachmann Eztiere aussehen?

Sie musterte ihn nachdenklich.

Dann wurde sie rot und sah sich in alle Himmelsrichtungen um.
Die Wohnung war auf einmal wirklich faszinierend.

Eztiere wunderte sich ein wenig, wieso Bea rot wurde,
erinnerte sich dann jedoch daran, dass er sie grundsätzlich
nicht leiden konnte und es ihm egal sein konnte, was sie tat.

Solange sie nicht versuchte, ihn umzubringen.

Düster musterte er sie.

Bea musterte zurück.

Die Frage, ob er Freunde hatte bei diesem Ausdruck, den
er ständig trug, brannte ihr auf der Zunge.

Aber damit musste sie warten.

Bis zum Abend vielleicht.
Länger würde sie es nicht aushalten!


>> Kann ich mich hier umsehen, bevor ich in den Boden gestarrt werde? <<
fragte sie ihn murrend.

Eztiere war tatsächlich eine schreckliche Strafe.

"Mach nichts kaputt",
war Eztieres einziger Kommentar dazu.

Er wollte sie zwar nicht in seiner Wohnung haben,
doch da er es musste, gab es keinen Grund, sie
vom Erkunden abzuhalten.
Viel gab es da ja nicht, und sie würde es ohnehin
tun.

Bea warf ihm einen angenervten Blick zu und ging dann durch die Wohnung.

Als Erstes sah sie sich natürlich das besagte Schlafzimmer an, um zu sehen,
wie Eztieres Vorhaben aussah.

Eztiere folgte ihr, um sicherzustellen, dass sie nichts anstellte.



Auch das Schlafzimmer war sehr simpel gehalten, das Bett war
recht schmal. Jedoch wirkte es wesentlich bequemer als der
Fußboden.

Bea blieb im Türrahmen stehen.

Da würde sich etwas machen lassen.

Abrupt drehte sie sich um, um weiterzugehen.

Verwirrt sah sie Eztiere an, der hinter ihr stand.

>> Du hast wirklich keinen Glauben an meine kognitiven Fähigkeiten, was? <<

Eztiere antwortete nicht.

Sein Blick zeigte deutlich, dass er von ihr erwartete, die Antwort
selbst zu kennen.

Bea atmete tief ein und aus.
>> Das war klar. <<

Sie war schon immer ein sehr ruhiges Mädchen gewesen.

Aber diese grimmige Wachmann versetzte sie in hitzige Wallungen!

Und jetzt sollte sie auch noch mit ihm in einer Wohnung eingesperrt sein.

Sie schlüpfte an Eztiere vorbei und betrat das Badezimmer.

Eztiere folgte ihr weiterhin.

Er würde sie bestimmt nicht so schnell unbeaufsichtigt in der
Gegend herumlaufen lassen!

Am liebsten hätte er sie hinausgeworfen. Doch seine Befehle
lauteten leider anders...

Als Bea sich so weit über die Lage informiert hatte wie es ging,
sah sie Eztiere wieder an.

>> Wann hast du eigentlich Dienst?
Ich bin dir, glaube ich, in der Nacht begegnet, als du Dienst hattest.

Wechselst du dich mit jemandem ab? <<

"In den nächsten paar Tagen habe ich frei",
informierte er sie.
"Das passiert, wenn man fast getötet wird.
Und du wirst wohl festgestellt haben, dass
es mehrere andere Wachen gibt."

Bea bemühte sich, nicht das Gesicht zu verziehen als würde die Welt untergehen.

>> Ah. <<
meinte sie dazu nur.


Dann überlegte sie.

>> Nach allem, was vorgefallen ist, stehen wir uns nicht auf
freundlicher Basis gegenüber.

Deshalb überlege ich gerade, wie wir das hier am besten überstehen.

Hast du Bücher? <<

"Es kommt darauf an, was du für Bücher meinst."

Erst versuchte sie, ihn umzubringen, und nun das?
Eztiere wurde nicht schlau aus ihr.

Nicht, dass er das wollte. Er mochte seine geistige
Gesundheit so, wie sie war, vielen Dank auch.

Bea versuchte, das Beste aus ihrer Situation zu machen.

Es ging schon immer um überleben, nicht um leben.


Sie zuckte mit der Schulter.
>> Was für Bücher hast du? <<

"Keine romantischen Liebesromane, falls du nach so etwas suchst",
kommentierte er trocken.

Zu einigen dieser Bücher wollte er ihr keinen Zugriff gewähren.
Immerhin waren die darunter, die er gelegentlich nutzte, wenn er
Informationen für die Lösung eines Verbrechens suchte.