Ilanai - die Heimat der Oni

Bea schwieg.

>> Nein, das muss nicht sein. <<
meinte sie eben so trocken.

>> Wie wäre es mit Geschichtsbüchern?
Wenn du so etwas hast, würde ich gerne etwas über die Vergangenheit dieses
Landes erfahren. <<
schlug sie vor.

"Wieso das?", war Eztieres einzige Reaktion darauf.

Wenn er ehrlich war, wollte er ihr gar nichts geben.

>> Weil es mich interessiert. <<
gab Bea schulterzuckend zurück.

>> Du weißt, dass ich dich nur mit meiner bloßen Existenz nerve.

Wieso willst du es noch schlimmer für dich machen, wenn du mich wenigstens
ablenken könntest, sodass ich dich nicht nerve? <<

Dieser Kerl hatte wirklich kurze Leitungen.

Eztiere war es allerdings relativ egal, wie schlimm sein Leben war,
solange er es nur behalten konnte. Und Beas Leben wollte er nun
gar nicht besser machen.

"Ich habe ein paar", sagte er jedoch schließlich. Sonst würde sie
sich noch auf die Suche danach machen und seine Wohnung auf
den Kopf stellen! Und wenn er sie so ruhig halten konnte...

Es gefiel ihm jedoch ganz und gar nicht.

Bea sah ihn neugierig an.

Er hatte tatsächlich nachgegeben?

>> Das klingt schonmal nach etwas. <<

"Du bekommst sie, wenn du es schaffst, einen Tag lang nichts
anzustellen", fügte Eztiere hinzu.

So leicht würde er sich nicht geschlagen geben!

Bea sah ihn schweigend an.

Er behandelte sie wie ein Kind!

Verärgert schüttelte sie den Kopf, ging schweigend in die Küche und setzte sich
an ein Fenster.

Sollte er doch kriegen, was er wollte.

Mit so einer Persönlichkeit konnte sie nicht handeln.

Eztiere folgte ihr bis zur Tür und bewachte sie auch weiterhin.

So jemanden würde er niemals unbewacht lassen!

Bea strich sich durch das Haar und blickte dann aus dem Fenster.

Sie fragte sich, was aus dieser ganzen Situation werden würde.

So lange mit ihm eingesperrt zu sein...

Sie verharrte plötzlich und starrte erschrocken aus dem Fenster. Ins Nichts.

Und was, wenn es wiederkommt? Er soll nicht mitbekommen, dass ich
eine Schwäche habe. So kann ich nichts dagegen tun. Ich weiß nicht, wann es wieder
auftritt! Nach allem, was passiert ist, wird es das.
Ihr Herz begann, aufgeregt zu poltern in ihrer Brust.

Bea fasste sich so unauffällig wie möglich an die Brust und krallte sich an ihrer Brust
fest.

Sie räusperte sich kurz und fasste sich an die Schläfe mit der freien Hand.

>> Sag mal... wie sieht das mit meinen Sachen aus?
Was passiert mit ihnen? <<
fragte sie etwas atemlos.

"Welche Sachen genau?", fragte Eztiere.

"Wenn du die aus deinem Hotel meinst: Die wird
später jemand vorbeibringen."

Nachdem sie gründlich durchsucht worden waren,
natürlich.

Bea war so schlau gewesen, keine verdächtigen Dinge mit nach Ilanai zu
bringen. Die hätte sie eventuell hier besorgt.

Oder sie wäre kreativ geworden...

Sie sah weiterhin starr aus dem Fenster.

>> Es geht um Dinge wie Medikamente oder Kosmetik. <<
meinte sie.

"Hattest du so etwas dabei?",
fragte Eztiere.

Er verstand nicht ganz, worauf sie hinauswollte.

Bea nickte und wagte dann, sich langsam zu Eztiere umzudrehen.

Ihre Hände hingen wieder ruhig an ihrem Körper.

>> Natürlich.

Im Falle einer Krankheit muss ich eine Sicherung haben. <<

"Dann wird es zusammen mit allem anderen gebracht werden",
wiederholte Eztiere.

Was sollte das? Wirklich.

>> Und wann wird das ungefähr sein? <<
hakte Bea weiter nach.

Allmählich gewöhnte sie sich tatsächlich an Eztieres nervige Art.


Währenddessen betrat Reza den Platz vor dem Wachhaus und sah an ihrer
neuen Arbeitsstelle empor.

Ihr Blick war entschlossen und ein zufriedenes Lächeln lag auf ihrem Gesicht.

Endlich konnte sie es allen beweisen!
Es war ihr Traum gewesen, zu den Wachleuten zu gehören.

Schon seit sie ein kleines Kind gewesen war und durch einige Prügeleien von
solchen Personen Schelten bekommen hatte.

Ihre etwas gewalttätige Ader hatte sie nicht ganz im Keim ersticken können, aber
nun hatte sie sich dieses moralische und größere Ziel gesetzt.

Und endlich...

Sie strich sich durch das Haar und trat in das Wachhaus ein.

Eztiere warf ihr den Blick zu, den er normalerweise für kleine Kinder
reserviert hatte: äußerst genervt. Im Gegensatz zu sehr genervt,
recht genervt, ziemlich angenervt und diversen anderen Abstufungen.

"Heute."




In diesem Moment trat Eztiere aus der anderen Richtung ebenfalls
auf den Hof. Ihr Blick fiel sofort auf Reza.

Das war also ihre Neue.

Sie trat zu ihr, der Rest der Gruppe folgte ihr.

"Hallo. Du bist Reza? Na, dann komm mal gleich mit."

Bea sah ihn kurz ebenfalls recht angenervt an.
Bei ihrer war es eher ein Blick, der begriffsstutzigen Menschen galt.

Sie drehte sich seufzend um.

Etwas würde sie bestimmt durchhalten.
Sie hatte schon die Zelle überlebt.

Und vieles anderes.


Reza drehte sich zu Eztiere um.

Sie musterte die Anführerin.

Ihr würde sie sich also unterordnen müssen.

>> Hallo. Ja, die bin ich. <<

Sie fragte sich, ob sie ihren Haupt"mann" nach dem Namen fragen sollte.

Aber das schien ihr unangebracht.
Deshalb folgte sie ihr schweigend.

Noch machte diese Frau einen guten Eindruck.

"Ich bin Eztiere", stellte sie sich dann auch sogleich vor.

"Das hier sind Ekrahn, Anthalie und Nirah. Willkommen
bei der Wache."

Reza nickte und versuchte sich, die Namen und Gesichter einzuprägen.

>> Es freut mich, euch kennenzulernen.
Und ich hoffe, dass wir gute Kameraden werden. <<
meinte sie mit einem leichten Lächeln.

Sie freute sich innerlich eine Grinsebacke, doch das wollte sie ihren
neuen Kameraden nicht zeigen.

Die anderen Wachen grüßten zurück.


Eztiere führte sie auf die vorgeplante Patrouillenroute.

Reza folgte ihr entschlossen.

Sie versuchte, alles, was sie sah, aufzunehmen.